Fabian Wegmann träumt von Alpe d'Huez

Figeac. Neulich schlurfte Fabian Wegmann über den Hotelflur, im Schlepptau Zimmerkollege Uwe Peschel und Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer. "Eigentlich müsstest du hinter Uwe laufen, an dem kannst du dir ein Beispiel nehmen, der ist immerhin schon Olympiasieger", sagte Holczer. "Das mag schon sein", entgegnete daraufhin Wegmann, "aber hat er auch den Schlüssel? Nein, den hab ich."

Die kleinen Scharmützel zwischen dem 23-Jährigen mit dem Lausbuben-Gesicht und Holczer, einst Lehrer für Geschichte und Mathematik, sorgen immer wieder für Erheiterung im Lager des Sprudelteams. "Verhalten vier", attestierte der Chef seinem frechen Youngster unlängst. Der komme ständig zu spät zu den Teambesprechungen und werde wohl bald seinen eigenen Zeitplan erhalten. Holczer kann aber schlecht verhehlen, dass Wegmann sein liebster Musterschüler ist.

Dabei sollte der die Tour eigentlich gar nicht fahren. Schließlich hat er schon den nicht minder schweren Giro d'Italia in den Beinen, bei dem der Mann aus Münster sensationell das Trikot des besten Bergfahrers holte. Übrigens als erster Deutscher überhaupt. Doch dann verletzte sich der Schweizer Routinier Markus Zberg, und Holczer hatte ein akutes Personalproblem.

"Ich bin mir bewusst, dass es ein Risiko ist, und ich höre schon den Chor der Kritiker, wenn es schief geht", sagte Holczer, wagte den Einsatz des Motorradfreaks aber trotzdem. "Er darf hier ohne Erwartungsdruck fahren und soll unserem Kapitän Georg Totschnig so lange helfen, wie der Saft reicht", gab Holczer seinem Toptalent einen Freifahrtschein.

Bei Halbzeit sah der inzwischen mit Freundin Johanna in Freiburg lebende Jungprofi ziemlich müde aus. Der Dauerregen und die Kälte haben ihm zugesetzt. "So bald es nass und feucht wird, fühle ich mich, als ziehe jemand den Stecker raus", sagt Wegmann. Dazu komme das dauerhaft hohe Tempo. "Dieses Auf-die-Plätze-fertig-los ist nicht mein Ding." Am meisten schockiert hätten ihn aber die schweren Stürze im Feld, bei dem sich die Fahrer auf der Straße gestapelt hätten. "Dass die Tour kein Kindergeburtstag ist, war mir ja vorher klar. Doch dieses Rennen ist echt kreuzgefährlich, hier wird wesentlich rücksichtsloser als woanders gefahren."

Dennoch hat Wegmann, der von den Teamärzten täglich besonders gründlich durchgecheckt wird, längst noch nicht genug: "Alpe d'Huez hochzufahren ist schon ein Traum." Und den will er sich unbedingt noch erfüllen. (wag)