Tour de France: Der US-Amerikaner gewinnt auch die schwerste Alpen-Etappe in meisterlichem Stil

Le Grand-Bornand. Lance Armstrong dominiert diese 91. Tour de France wie er will. Am Ziel der 17. Etappe von Bourg d'Oisans nach Le Grand-Bornand über 204,5 km bewies er erneut seine Spurtqualitäten und verwies das deutsche Duett Andreas Klöden und Jan Ullrich auf die Plätze. Damit holte er sich bereits seinen vierten Etappensieg innerhalb von fünf Tagen.

"Armstrong fährt in einer anderen Liga", stellte ARD-Experte Marcel Wüst fest, "seine Überlegenheit ist fast beängstigend." Mit dieser Unersättlichkeit erinnere er ihn an den "Kannibalen" Eddy Merckx.

Mit dem 1942 m hohen Col du Glandon nach 36 km und dem 2000 m hohen Col de la Madeleine bei Kilometer 79 standen noch einmal zwei furchteinflößende Alpengipfel auf dem Programm. Zudem begleitete brüllende Hitze das Peloton vom Start weg. Bis zu 40 Grad wurden auf dem kochend heißen Pflaster gemessen. Äußerliche Bedingungen wie geschaffen für Jan Ullrichs letzten großen Angriff auf Lance Armstrong, der bei solchem Wetter schon mal Schwächen offenbart.

Zwar kurbelte Rolf Aldag lange in einer Ausreißergruppe, doch ohne zählbaren Erfolg. Als beim Aufstieg zum vorletzten Gipfel Col de la Forclaz T-Mobile mit Sergej Iwanow attackierte, reagierte Armstrongs blaue Leibgarde sofort und konterte eiskalt. Keine Chance für Ullrich und den Gesamtdritten Andreas Klöden.

Die finale Attacke der beiden Deutschen auf der Abfahrt vom letzten Tagesgipfel Col de la Croix Fry, als längst alle Ausreißer wieder eingefangen waren, wirkte dann wie ein verzweifeltes Aufbäumen. Zwar vermochten sie sich tatsächlich abzusetzen, doch Armstrong und der Gesamtzweite Ivan Basso (Italien) klebten ihnen wieder einmal am Hinterrad.

Erneut konnte das T-Duett seine zahlenmäßige Überlegenheit nicht ausnutzen. Nicht einmal, als es Klöden kurz hinter der 1000-m-Marke gelang, noch einmal wegzuspringen. Kurz vor dem Ziel sah er schon wie der sichere Sieger aus, wurde von dem überragenden Armstrong aber auf der weißen Linie noch abgefangen.

"Ich bin sehr enttäuscht", gab Klöden unumwunden zu. "Mein Gefühl kann man nicht beschreiben. Ich war so nah dran, aber es hat wieder nicht gereicht." Johan Bruyneel, der Teamchef von US-Postal, zeigte indes wenig Mitleid: "Von den Deutschen haben wir hier keine Geschenke bekommen, warum sollten wir ihnen dann welche geben? Ich habe eine Super-Kondition, damit kann ich die Konkurrenz, wie ich bewiesen habe, in Schach halten."

Durch Armstrongs Zeitgutschrift für den neuerlichen Etappensieg hat Klöden als Gesamtdritter hinter Basso jetzt 5:11 Minuten Rückstand auf den US-Amerikaner, Ullrich trennen als Vierten gar 8:08 Minuten vom Gelben Trikot und dürfte keine Chance auf einen Podestplatz haben.

Solche Überlegenheit frustriert Armstrongs Gegner zunehmend. Gegen seine Dominanz scheint schlicht kein Kraut gewachsen. Doch für alle Entmutigten und restlos Bedienten, fand Jens Voigt Worte des Trostes. "Ich glaube nicht, dass sich Lance die Tour im nächsten Jahr noch einmal antut", sagte der Berliner. "Er wird den historischen sechsten Sieg holen, mehr geht einfach nicht. Ich denke, jetzt hat Armstrong endlich genug."