Tour de France: Lance Armstrong gewinnt Königsetappe und deprimiert seine Rivalen

Nîmes. Am Ziel der Königsetappe der Tour de France auf dem Plateau de Beille in 1780 m Höhe hatte Lance Armstrong sogar noch die Zeit, mit seinem Mitstreiter Ivan Basso den Etappensieg auszuhandeln. Nachdem tags zuvor der Italiener als Erster über die Linie rollen durfte, war diesmal der Amerikaner an der Reihe. Dem Rest der Rivalen, allen voran Jan Ullrich, blieben wieder einmal nur die Plätze im geschlagenen Feld. Oder sie hatten längst im Besenwagen Platz genommen.

"Wir hätten noch schneller oben sein können, doch das haben die Zuschauer und Begleitfahrzeuge verhindert", kommentierte Armstrong seinen Triumph, durch den der historische sechste Tour-Sieg greifbar nahe gerückt ist. "Die baskischen Fans waren dermaßen aggressiv, unglaublich, dass wir da lebend rausgekommen sind."

Seine Equipe US-Postal setzte die auf der ersten Pyrenäen-Etappe am Freitag nach La Mongie begonnene Demontage des Pelotons systematisch fort und löste damit ein in diesem Umfang selten erlebtes Favoritensterben aus. Bereits nach 19 km ließ sich Haimar Zubeldia aus der spanischen Mannschaft Euskaltel die Startnummer vom Trikot reißen. Ihm folgte bei Kilometer 83 der völlig demoralisierte Tyler Hamilton, immerhin Kapitän der Schweizer Equipe Phonak.

Nach 141 km hatte auch Iban Mayo genug. Der als Podestanwärter gehandelte Baske war schon vom Rad gestiegen. Doch angesichts der vielen Fans, die aus Spanien herübergekommen waren, jagte ihn Teamchef Julian Gorospe zurück auf die Rennmaschine. Einen beängstigenden Zickzack-Kurs steuernd, erreichte Mayo das Ziel schließlich 37:40 Minuten nach Armstrong - als 115., gedemütigt und ein Schatten seiner selbst.

Weniger dramatisch, aber dennoch deutlich fiel Ullrichs erneute Niederlage aus. Als Tagessechster kassierte der T-Mobile-Kapitän weitere 2:42 Minuten Rückstand auf Armstrong. Der Titelverteidiger verfügt jetzt über einen komfortablen Vorsprung von 6:39 Minuten auf den Deutschen.

Wie am Vortag hatte Ullrich nicht einmal seinem Helfer Andreas Klöden folgen können, der hinter Gerolsteiner-Kapitän Georg Totschnig Vierter wurde. "Ich hatte keine Chance", räumte Ullrich ein, setzte aber für die Schlusswoche auf das Prinzip Hoffnung (siehe Interview).

Derweil scheint sich hinter dem famos kämpfenden Franzosen Thomas Voeckler, der das Gelbe Trikot in den heutigen Ruhetag rettete, eine neue Allianz zu bilden. "Ivan Basso ist ein guter Freund", machte Armstrong aus seiner Sympathie für den Italiener keinen Hehl. Als der Texaner bei einem gemeinsamen Abendessen vergangenen Dienstag in Limoges hörte, dass Bassos Mutter an Magenkrebs erkrankt sei, hängte er sich sofort ans Telefon, um ihr einen Termin bei einem Spezialisten zu besorgen. Für den von einer schweren Hodenkrebserkrankung Genesenen eine Selbstverständlichkeit. Doch wird ihm Basso diese Geste sicher nicht vergessen. Heute beginnt seine Mutter bereits mit einer Chemotherapie.