Tour de France: Ullrichs Teamkollege wieder knapp besiegt, Warten auf einen Etappensieg geht weiter

Gueret. Auf der Zielgerade am Stadio Leo Lagrange, die die Tour-de-France-Organisatoren mal eben bei Gueret in die Landschaft der Creuse teeren ließen, lief es für die deutschen Sprinter wieder mal wie so oft in den vergangenen Tagen: Als Robbie McEwen bei seinem zweiten Etappensieg den Norweger Thor Hushovd und Landsmann Stuart O'Grady auf den letzten Metern niederrang, blieben Erik Zabel auf Platz fünf und Danilo Hondo auf Rang acht erneut nur Nebenrollen als interessierte Zuschauer.

"Es geht am Ende immer um die ideale Position. In diese zu kommen, ist mir aber wieder nicht gelungen", analysierte Zabel emotionslos. Sein Mitgefühl galt indes den beiden Ausreißern Inigo Landaluze (Spanien) und Filippo Simeoni (Italien), die nach 122 km zu zweit praktisch auf der Ziellinie eingeholt worden waren. "Ich hätte ihnen gegönnt, dass sie durchgekommen wären."

Das wäre auf alle Fälle besser gewesen, als den Sieg einmal mehr den Sprintrivalen überlassen zu müssen. Ein zweiter und zwei dritte Plätze stehen bislang für Zabel zu Buche. Damit liegt er in der Punktwertung ums Grüne Trikot, das er schon sechsmal gewonnen hat, auf Rang vier, 25 Zähler hinter dem Australier Robbie McEwen (195 Punkte).

Einer wie Zabel aber will mehr. Immerhin hat der Mann aus Unna sein Rad bei elf Tourstarts schon zwölfmal als Erster über den Zielstrich gewuchtet, so oft wie kein anderer Deutscher. Das prägt und legt die eigene Messlatte hoch. Noch immer brennt in ihm der Ehrgeiz, weshalb er sich mit Plätzen im geschlagenen Feld nur schwer arrangieren kann.

Doch lief bei den teilweise chaotischen und unberechenbaren Massenankünften bislang alles gegen den gebürtigen Berliner. Mal war er zu früh dran, mal zu spät. Mal erwischte er das falsche Hinterrad oder wurde im letzten Moment abgedrängt.

Es gab indes auch Situationen, in denen Zabel freie Fahrt hatte, aber schlicht und ergreifend zu langsam war. "Ich komme jetzt viel besser über die Berge, doch dabei habe ich meinen Punch verloren", erklärt Zabel fehlende Spritzigkeit und nachlassendes Stehvermögen.

Keine Frage, der 34-Jährige ist in die Jahre gekommen. Das Gerangel mit den zum Teil zehn Jahre jüngeren Konkurrenten fällt ihm schwerer denn je. Schon im Vorjahr kehrte er ohne einen Etappensieg von der Tour zurück. Und da gehörte Ullrich nicht einmal zum Team.

Diesmal zählt der Olympiasieger wieder zur T-Equipe, was für Zabel ein zusätzliches Handicap darstellt. Denn damit ist er im Prinzip auf sich allein gestellt. Teamkapitän Jan Ullrich soll für T-Mobile die Tour gewinnen, da zählen Zabels Ambitionen zwangsläufig nicht viel. So wie gestern, als Ullrich bei Kilometer 75 wegen eines Sattelproblems kurzzeitig vom Rad musste, von drei Teamkollegen aber rasch zurück ins Feld begleitet wurde. Eigentlich sollte Rolf Aldag Zimmerkumpel Zabel hin und wieder in eine günstige Sprintposition pilotieren. Doch seit seinem Sturz auf der dritten Etappe ist der stark lädierte Routinier mehr mit sich und seinen Blessuren beschäftigt.

Auch das Wetter machte Zabel in den vergangenen Tagen sehr zu schaffen. Im Dauerregen sei ihm die Frische und wohl auch das nötige Selbstvertrauen abhanden gekommen. Zumal da noch immer diese Pleite von Mailand-San Remo im Hinterkopf herumgeistert. Auf der Via Roma, in seinem "Wohnzimmer", hatte er im März ein paar Zentimeter zu früh gejubelt. Im letzten Moment war der Spanier Oscar Freire Gomez an ihm vorbeigezogen und hatte ihm den fünften Triumph bei seinem Lieblingsklassiker vor der Nase weggeschnappt. "Das wird mich wohl nie richtig verlassen", gestand er kürzlich ein. Gut möglich, dass Erik Zabel auch nie mehr eine Tour-Etappe gewinnt. Doch damit kann er offenbar leben. "Andere haben bei der Tour zwölf Jahre nicht gewonnen. Wenn die das dürfen, darf ich das jetzt auch."

. Der Este Jaan Kirsipuu vom AG2R-Team stieg auf der neunten Etappe nach 30 km aus. Damit sind noch 172 Fahrer im Feld der Tour.