Am Sonnabend startet die Tour de France im belgischen Lüttich mit dem Prolog

Lüttich. Mit einem 6,1 km langen Einzelzeitfahren beginnt am Sonnabend um 16 Uhr (ZDF live ab 17.05 Uhr) in Lüttich die 91. Tour de France. Es ist der Auftakt für das mit Spannung erwartete Duell zwischen Lance Armstrong und Jan Ullrich, der 19.07 Uhr eine Minute vor dem US-Amerikaner auf den Kurs gehen wird. 188 Fahrer aus 21 Teams nehmen mit dem Prolog die 20 Etappen und 3391,1 km auf dem Weg nach Paris in Angriff.

Ob sich Armstrong am 25. Juli zum erfolgreichsten Tourminator krönen lassen kann, ist ungewiss. Zwar hat der Titelverteidiger die große Schleife wie vor ihm Jacques Anquetil, Eddy Merckx, Bernard Hinault und Miguel Indurain fünfmal gewonnen. Doch der sechste Gesamtsieg erwies sich stets als "Mission Impossible". Zumal die Tour-Vorbereitung des 32 Jahre alten Texaners von vielen Dissonanzen begleitet war. Der Trennung von Ehefrau Kristin, Sohn Luke sowie den Zwillingstöchtern Isabelle Rose und Grace Elizabeth folgte die Liaison mit der zehn Jahre älteren Popsängerin Sheryl Crow.

Bei seiner Tour-Generalprobe, der Rundfahrt Dauphine Libere, offenbarte Armstrong Schwächen. 1:57 Minuten nahm ihm Tour-Mitfavorit Iban Mayo (Spanien) beim Bergzeitfahren am legendären Mont Ventoux ab. Eine "schallende Ohrfeige" befand Frankreichs führendes Sport-Magazin "L'Equipe". Mit Gewichtsproblemen wurde die schwache Vorstellung später erklärt. Solcherart Begründungen hatte man bis dato nur aus dem Lager seines Erzrivalen Jan Ullrich vernommen. Armstrong selbst mochte zu den Spekulationen am Vorabend des Tourstarts nichts mehr beitragen: "Als ich mich das letzte Mal gewogen hab, war ich allein im Raum", beschied er leicht genervt. Zu seiner angespannten Gemütslage dürften auch die Doping-Vorwürfe in dem Buch "L. A. Confidentiel - die Geheimnisse des Lance Armstrong" beigetragen haben. Als nicht seriös recherchiert kanzelte Armstrong das Werk ab. Am Freitag scheiterten seine Anwälte in Paris vor Gericht erneut mit dem Versuch, eine Gegendarstellung im Buch abdrucken zu lassen.

So scheint Ullrichs Ausgangslage aussichtsreich wie lange nicht. Doch der 30-Jährige traut dem Frieden nicht. In Lüttich bekräftige er seine Ansicht, Armstrong habe bei der Dauphine geblufft und bezeichnete dessen Auftritt am Ventoux als "gelungene schauspielerische Leistung". Keine Frage, der deutsche Radheld fühlt sich in der Rolle des Jägers wohler. "Lance steht unter Druck, er will die Erfolgsstory fortschreiben", sagte der Wahlschweizer, der sich rank, schlank und locker präsentierte. Nach übereinstimmender Ansicht vieler Fachleute ist Ullrich zur Tour-Ouvertüre so fit wie seit Jahren nicht. Als Kronzeuge der Zuversicht darf dabei Walter Godefroot, Manager des Teams T-Mobile, gelten: "In dieser Verfassung hab ich Jan zuletzt 1997 gesehen - und da hat er die Tour das erste Mal gewonnen." (Lutz Wagner)