Ruanda - Afrika. Wer hier auf das ostafrikanische “Land der 1000 Hügel“, auf unendliche Grassavannen und neblige Hochland-Wälder, in denen die immer...

Ruanda - Afrika. Wer hier auf das ostafrikanische "Land der 1000 Hügel", auf unendliche Grassavannen und neblige Hochland-Wälder, in denen die immer seltener werdenden schwarzen Berggorillas leben, hofft, wird enttäuscht. Das politische Ruanda steht in diesem Buch im Mittelpunkt. Die erschreckenden Folgen, die Hass in Zeiten des Krieges in den Herzen der Menschen hat, sind Thema. Das Buch zeigt eines der dunkelsten Kapitel afrikanischer Geschichte - den Völkermord an den Tutsi in Ruanda. Der Roman des Schweizer Autors Lukas Bärfuss, der im tiefsten Ost-Afrika, in Ruandas Hauptstadt Kigali spielt, hinterlässt beim Lesen stets das beunruhigende Gefühl, der Kamera eines TV-Journalisten zu folgen.

Der Leser erhält Einblicke in ein Land und seine Menschen, dessen Kultur uns Europäern sehr fremd ist. Aber an dessen Schicksal wir einen großen Anteil haben. Hundert Tage erzählt die Geschichte des Schweizer Entwicklungshelfers David, der von 1990 bis 1994 in Kigali lebt. Er verliebt sich in die schöne Afrikanerin Agathe und verlebt eine vermeintlich friedliche Zeit mit ihr. Da beginnt der Aufstand der ehemals vertriebenen Exil-Ruander, die vom nördlichen Uganda in ihre Heimat zurück wollen. Überall riecht es nach Blut und Angstschweiß. Vor den Augen der internationalen Entwicklungsorganisationen fechten die rivalisierenden Volksgruppen der Hutu und der Tutsi ihre Konflikte aus und nutzen die Ausländer dabei geschickt für ihre jeweiligen Interessen. Als David das Flugzeug, mit dem die letzten Ausländer ausgeflogen werden sollen, starten lässt, versteckt er sich hundert Tage in seinem Haus in Kigali. Dort lässt er die vergangenen vier Jahre und die dramatische politische Lage Ruandas Revue passieren. Seine Bilanz: Die gut gemeinte Entwicklungshilfe macht alle beteiligten Nationen zu Komplizen eines Regimes, das nun als Schlächter an rund 800 000 Tutsi dasteht.


Lukas Bärfuss: Hundert Tage, Verlag Wallstein, 197 S., 19,90 Euro.