Nicht weniger als “Das Wesentliche“ verspricht Eliot Weinbergers Buch, das auf den ersten Blick wie ein Essay-Band aussieht und in 34 Kapiteln von...

Nicht weniger als "Das Wesentliche" verspricht Eliot Weinbergers Buch, das auf den ersten Blick wie ein Essay-Band aussieht und in 34 Kapiteln von unterschiedlichsten Kulturen und Epochen erzählt. Tatsächlich steht der Leser vor Bruchstücken und muss im anscheinend willkürlichen Nebeneinander von Geschichten und Geschichte den verbindenden Sinn suchen. Was als paradoxes Missverhältnis zwischen Titel und Inhalt erscheint, führt bereits ins Zentrum von Weinbergers Methode: Während wir noch rätseln und ahnen, der lächelnde Autor führe in die Irre, geraten wir in einen suggestiven Strudel, der uns in die Tiefe sehr ernsthafter Gedanken über die eigene, vermeintlich streng rationale Kultur führt.

Erstaunliches ist zu erfahren aus dem alten China, von Jahreszeitenritualen, von der Sprache des Windes und davon, dass das ideale Gedicht ein Vogel sei, weil er die Balance von Wind und Knochen verkörpere. Von der Traumdeutung der Lakandon-Indianer und den Kaluli in Papua-Neuguinea, deren Welt von Klängen bestimmt wird. Von der Inka-Schrift Quipu, die ein komplexes Zeichensystem aus verschiedenfarbigen Schnüren und Knoten war - und vielleicht die nur aus großer Höhe erkennbaren Muster auf der heiligen Ebene von Nazca in Peru erklärt. Wenn Weinberger über den Umgang unserer Zivilisation mit Tiger und Nashorn berichtet, wird auch der zerstörerische Charakter unserer Kultur erkennbar. Doch allzu sicher sollte sich kein Leser seiner Erkenntnisse sein, denn Weinberger zitiert auch Empedokles: "Es glaubt jeder nur das, worauf er gerade bei seinen mannigfachen Irrfahrten gestoßen."


Eliot Weinberger: Das Wesentliche, Berenberg, 215 S., 24 Euro.