Nicht von Designern gestylt - aber ein sehr gemütliches Refugium für Natur- und Ruhesuchende.

Das fängt ja gut an. Der Empfangschef ist ein träger alter Herr, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt. Nicht einmal aus dem Weg geht er, der faule Hund. Er heißt August, ist der Liebling aller Gäste und ein Golden Retriever, zehn Jahre alt. August passt wunderbar zum Stil dieses Hotels, das ein bisschen anders ist als all die anderen Drei- oder Viersterne-Häuser auf den Halbinseln Darß, Fischland und Zingst. Kein Schloss, sondern ein Schlösschen, ein urgemütliches Refugium für Natur- und Ruhesuchende, für Radler und Wanderer.

Beim "Schlößchen Sundische Wiese" gilt die Devise: mehr sein als scheinen. Der Gast ist, zehn Kilometer östlich von Zingst, wo die Welt so gut wie zu Ende ist, plötzlich angenehm überrascht. Zingst ist wohl der betriebsamste Ort des umständlich als Fischland-Darß-Zingst angepriesenen Dreigestirns. Dabei hat sich längst der Name Darß für dieses schöne Stück mecklenburgischer Ostseeküste eingebürgert.

Zingst also: Kurort mit gepflegtem Strand, Campingrummel, mit Fußgängerzone, Diskotheken, Kliniken und Wellness-Hotels. Irgendwann fährt man, meistens zufällig, nach Osten aus dem Ort heraus, an der Großen Wiek (Bucht) vorbei, rechts das Boddengewässer, danach links und rechts nur noch dichter Wald. Er lichtet sich nach 20 Minuten, und auf einem freien Platz steht unvermutet ein Schlösschen. Es hat zwar keine Erker oder Türmchen, aber doch eine Geschichte, die den Namen rechtfertigt: Es wurde 1902 als Herrensitz und Jagdhaus eines Barons von Kloth-Trautvetter an den Rand der Sundischen Wiese gesetzt. Mit dem Sund ist der Strelasund gemeint, eine Meerenge zwischen der Halbinsel Zingst und dem Stralsunder Land.

Der preußische Graf von Eulenburg, der Berliner Zeitungsverleger Mosse und der Hüttenbaron Hugo Stinnes waren die nächsten Besitzer. In der DDR-Zeit als Kinderheim genutzt, wurde diese einst so feine Adresse erst 1994 zum Hotel umgebaut, nun im Besitz des Kieler Unternehmers Hans-Hermann Johnson, dem auch der "Speicher" am Barther Hafen gehört. Steffen Siemon, gelernter Handwerker und studierter Jurist, und seine Lebenspartnerin Wiebke Becker, die das Hotel- und Restaurantgewerbe von der Pike auf gelernt hat, leiten das fast verborgene Refugium.

Steffen Siemon, der Pächter, stammt aus dem benachbarten Städtchen Barth. Er hat als Junge die ganze Region mit dem Fahrrad erkundet. Und Fahrräder, im Zimmerpreis inbegriffen, gehören auch zur Grundausstattung des Hotels mit den dunkelroten Backsteinmauern, dem knallroten Ziegeldach und dem markanten Glasvorbau, einem Wintergarten, der dem Restaurants einen ganz besonderen Reiz verleiht. Wer es romantisch liebt, lässt sich im Kaminzimmer bedienen. Die 15 Zimmer und Appartements, zum Teil ein wenig verwinkelt - Schlösschenräume halt - sind mit farbenfrohen Polstermöbeln eingerichtet, die Betten und Schränke zum Teil im Bauernstil. Das Ambiente erinnert an die 80er-Jahre.

Den meisten Gästen, sehr viele kommen seit Jahren, ist anderes viel wichtiger: Sie schätzen die freundliche, ungezwungene Art der Hotelleitung und des Personals; sie schnappen sich morgens ein Rad und fahren durch die Wälder oder an den Strand. Der ist naturbelassen, flach abfallend, für Hunde so gut wie für Wanderer. Nur zu gern erkunden die Hausgäste auch die reizvolle Umgebung, erst recht in den nächsten Wochen, wenn das große Naturschauspiel "Zug der Kraniche" beginnt, fast vor der Haustür. Es kehren aber auch, vor allem am Nachmittag und abends zum Essen, Urlauber aus Zingst, Prerow oder Ahrenshoop in den Biergarten ein, genießen unter alten Bäumen oder im Restaurant die Fischspezialitäten aus dem Bodden oder der nahen See. Wie das Mittag- oder Abendessen kann man das große Frühstück sowohl drinnen als auch auf der Terrasse einnehmen.

Als ob die Natur - und die kleine Sauna im Haus - nicht schon genügend Abwechslung böten, lässt sich Steffen Siemon immer wieder kleine Events einfallen, lädt zu "Naturklängen" unter der prächtigen Herreneiche im Schlosshof ein, zu Probiertagen, an denen sich alles um Ziege, Milchlamm und den lokalen Käse dreht, oder, wohl einmalig in Deutschland, zu "Dahlientagen", an denen Gerichte aus und mit Dahlien angeboten werden.