Aus dem ehemaligen Delikatessengeschäft wurde eine Herberge mit persönlichem Service und einer eigenen Bäckerei.

Ein Grund während des Urlaubs auf Rügen nicht einfach an der Inselhauptstadt Bergen vorbeizufahren, ist sicherlich die St. Marienkirche mit den besterhaltenen Fresken in ganz Norddeutschland. Zu einem Aufenthalt in der Bergener Altstadt lädt aber auch der "Kaufmannshof" ein. Die Begrüßung von Inhaber Uwe Hermerschmidt ist herzlich. Nach der langen Autofahrt nehmen wir sein Angebot, bei Kaffee und Kuchen mehr über die Geschichte des Hauses zu erfahren, gern an.

Das Gebäude wurde vor 100 Jahren erbaut, wie man an dem auffälligen Schmiedewappen an der Außenwand erkennen kann. Die Waage als Logo wird umrahmt von zwei Löwen. Der Großvater unseres Gastgebers, Paul Hermerschmidt, betrieb dort zunächst einen Kolonialwaren- und Delikatessenladen. 1984 übernahm Enkel Uwe das Geschäft, der stolz darauf ist, Rüganer in der dritten Generation zu sein. Dieser kaufte dazu, baute um und aus, bevor er 1996 das Romantik-Hotel "Kaufmannshof" eröffnete, das seit 2001 von Uwe Hermerschmidts Neffen Michael betrieben wird. Der gelernte Tourismusfachwirt ist nach der Ausbildung ins Familienunternehmen eingestiegen.

Hotel und Restaurant sollen weiter in alter Kaufmannstradition geführt werden. "Also nicht zu rustikal, aber auch nicht zu abgehoben. Wir wollen Atmosphäre schaffen!", betont der noch junge Chef des Hauses. Dies ist den Hermerschmidts gelungen: Zwar hat das Restaurant "Kontor" mit seinen Marmortischen, Tischlampen und Ledersesseln einen Hauch von Bistro, doch in hohen Schrankwänden präsentieren sich Antiquitäten aus dem Familienbesitz. Und die vielen Fächer hinter dem Bartresen erinnern noch heute an den Kaufmannsladen.

Da auch viele Einheimische zum Essen kommen, gab es für die Küche ein Problem, wie Michael Hermerschmidt verrät: "Die Speisekarte ist eine leichte Gratwanderung zwischen dem Anspruch der ,Romantiker' und dem der Einheimischen, die etwas Regionales auf dem Teller haben möchten." Mittlerweile werden sowohl gutbürgerliche Gerichte als auch solche für Feinschmecker angeboten - Beispiele für Letztere sind die leckere Kresse-Birnensuppe und die Filetstreifen vom Rind in Schoko-Himbeerjus. In der Weinkarte, findet der Kenner einige ausgezeichnete Tropfen. Unbedingt probieren sollte man auch das Schwengel-Bier, das nur hier ausgeschenkt wird.

Ein beliebter Treffpunkt sind die Cocktail- und Grillabende an warmen Tagen auf der Terrasse unter der großen Linde. Tagsüber wird hier auch Kuchen aus der hauseigenen Bäckerei serviert. 20 Zimmer, zwei Suiten und ein Apartment sind alle im zeitlosen "Shaker-Stil" möbliert. An kalten Tagen können sich die Gäste in der kleinen Sauna im Untergeschoss aufwärmen. Pläne für einen weiteren Ausbau gibt es auch schon. So wurde ein zusätzliches Grundstück erworben, auf dem ein Kaminzimmer mit einer Bibliothek entstehen soll.

Persönlicher Service, geschichtliche Tradition und regionale Verbundenheit prägen dieses Haus. Auf die Frage, welchen Anspruch die Besitzer bei der Betreuung der Gäste verfolgen, lautet die Antwort: "Sie sollen sich wie bei Freunden fühlen!" - Das ist gelungen.