Anna Rieckmann lernt im Teehandel. Sie hat sich auf Messen und im Internet nach einer Ausbildung umgeschaut.

Soll der Tee schön aussehen und darum Rosenblüten, Zuckerkristalle, Kornblumenblüten, Gewürze oder Gummibärchen enthalten? Oder lieber alles auf einmal, damit er hübsch bunt ist? Es gibt zahlreiche Zutaten und viele Kombinationsmöglichkeiten in der Entwicklung von Teesorten. Zum Beispiel gibt es Kunden, die mögen grünen Tee mit Mangogeschmack - und eine schöne Optik soll er auch noch haben.

Da ist Anna Rieckmann in ihrem Element. Die 20-Jährige lernt Kauffrau im Groß- und Außenhandel bei Hälssen & Lyon in der Speicherstadt. In den ersten sechs Monaten hat sie in der 1879 gegründeten Firma den Vertrieb kennengelernt, jetzt ist sie ein halbes Jahr in der Produktentwicklung. "Es ist toll - ich kann schon jetzt sehr eigenständig arbeiten", sagt Anna.

Lange Zeit sei sie unsicher gewesen, welchen Beruf sie erlernen möchte, habe mit einer Freundin Messen besucht, im Internet Tests gemacht und sich auch mit ihren Mitschülern ausgetauscht. "Ich wusste, dass mir Sprachen liegen und der Beruf mit Menschen zu tun haben muss." In der 11. Klasse machte sie dann ein Praktikum in einer physiotherapeutischen Praxis und erkannte: "Das ist nichts für mich." In die engere Wahl kamen dann die Groß- und Außenhandelskauffrau und die Schifffahrtskauffrau.

Anna schrieb Bewerbungen und hatte kurz vor ihrem Abitur das Vorstellungsgespräch bei Hälssen & Lyon. "Es war ein sehr angenehmes Gespräch, auch mit dem Azubi-Paten", sagt Anna. Der gehört seit 2001 bei Hälssen & Lyon zum bewährten Konzept. "Der Azubi-Pate hat selbst gerade seine Ausbildung beendet und ist direkter Ansprechpartner für unsere Auszubildenden", sagt Personalleiterin Claudia-Andrea Czempiel. In der zweiten Runde machen die Bewerber dann einen Test, in dem es um Mathe, Englisch und Allgemeinwissen geht. "Diese Reihenfolge ist bewusst gewählt, denn ich möchte zuerst den Menschen kennenlernen", sagt Czempiel. Der Test wird auch gleich zusammen durchgegangen, danach spricht der Geschäftsführer mit den Kandidaten. Pro Jahr werden von rund 150 Bewerbern 20 bis 30 zu Gesprächen eingeladen, davon zehn zum Test und zwei bis drei erhalten schließlich einen Ausbildungsplatz.

"Entscheidend sind nicht immer die Noten. Ein Bewerber mit einem super Abi, der aber nicht kommunizieren kann und als Hobbys Schach, Computer und Lesen angibt, ist nicht unbedingt geeignet", sagt die Personalleiterin. "Auch wenn ein Kandidat erklärt, seine Eltern hätten gemeint, er solle sich mal bewerben, zeigt diese Aussage, dass der Bewerber selbst gar nicht dahinter steht." Geeignete Bewerber sind aufgeschlossen, interessiert, motiviert und neugierig. Sie zeigen Eigeninitiative, denken mit und fragen nach. Czempiel: "Engagierte und motivierte Azubis wie Anna Rieckmann gehen neben ihrer Ausbildung zum Beispiel auch noch zur Abendschule, um dort Französisch zu lernen." Denn diese Sprache bietet die Berufsschule nicht an.

Anna wird in ihrer zweieinhalbjährigen Ausbildung auch sechs Monate den Einkauf kennenlernen sowie die Abteilungen Buchhaltung, Expedition und Qualitätskontrolle durchlaufen. Eine Übernahme nach dem Abschluss hängt von der betrieblichen Situation und dem Kandidaten ab. "Es gibt keine Übernahmegarantie, aber wir bilden schon für unseren Bedarf aus", sagt Czempiel. Einige Azubis wollen jedoch nach ihrer Ausbildung noch studieren - meistens BWL - oder im Ausland Berufserfahrung sammeln. "Ein Bachelor ist bei uns keine wesentliche Voraussetzung, um Tee verkaufen zu können. Eine gute Nase und gute Geschmacksnerven sind jedoch sehr hilfreich", sagt Personalleiterin Czempiel.

Teetester sind die Azubis nach ihrer Ausbildung noch nicht. Dafür sind acht bis zehn Jahre Erfahrung und regelmäßige Verkostungen notwendig. Auch Anna probiert täglich mehrere Teesorten im Probenzimmer. Pro Tag fließen hier 400 Tassen auf die Gaumen der Mitarbeiter.