Gute Chancen haben bei dieser Ausbildung auch Ältere, Mütter, Migranten und Schwerbehinderte.

Miriam Sander wollte eigentlich Kinderkrankenschwester werden. Aber es kam alles ganz anders. Mit 14 Jahren machte sie ein Schulpraktikum bei einem Chirurgen und musste feststellen, dass sie gegen die Desinfektionsmittel und Gummihandschuhe allergisch reagierte. Später kamen noch Heuschnupfen und Neurodermitis dazu. Also musste ein neuer Beruf her. Ein Handwerk? "Ich kann zwar tapezieren und malen, aber als Beruf kam das nicht in Frage", sagt Miriam Sander. Nach dem Abitur entschied sie sich für den kaufmännischen Bereich. Sie begann eine Ausbildung zur Versicherungskauffrau, war dann jedoch länger krank und erhielt noch in der Probezeit die Kündigung. "Da war Curtis sechs Monate alt." Curtis ist ihr Sohn, heute acht Jahre. Er hat noch einen Bruder, Jordan ist sechs.

Miriam wohnt mit den beiden bei ihren Eltern in Farmsen. "Ohne die Unterstützung meiner Eltern ginge es nicht", sagt die 27-Jährige. Sie lernt jetzt Fachangestellte für Arbeitsförderung bei der Agentur für Arbeit und ist endlich beruflich angekommen. Aber sie musste eine Durststrecke ertragen. Miriam Sander schrieb viele Bewerbungen, suchte einen Ausbildungsplatz zur Bürokauffrau, schrieb an Versicherungen, Banken, das Finanzamt, die Lufthansa und die Hochbahn. Aber es kamen immer nur Absagen. Sie fragte bei den Firmen nach. "Dann hieß es immer wieder, ich sei zu alt oder wir stellen keine alleinerziehenden Mütter ein." Wenn sie darauf erwiderte, dass ihre Söhne von ihren Eltern versorgt würden, hieß es, auch die könnten krank werden. So vergingen vier Jahre.

"Irgendwann wurde ich gleichgültig, verlor die Lust und jegliche Motivation", sagt die junge Frau. Als sie bereits überlegte, als Verkäuferin oder im Call-Center zu jobben, schlug ihr Arbeitsvermittler die dreijährige Ausbildung zur Fachangestellten für Arbeitsförderung vor, denn die Arbeitsagentur bildet auch Mütter und ältere Azubis aus. In Miriams Klasse sind zwei Mütter und ein Vater, die Mitschüler sind zwischen 16 und 28 Jahre alt.

"Die dreijährige Ausbildung unserer Fachangestellten für Arbeitsförderung ist spannend und bietet gute Perspektiven. Die Azubis werden schnell in das operative Geschäft eingebunden", sagt Arbeitsagenturchef Rolf Steil. "Das fordert sie natürlich, gibt ihnen aber das Gefühl, gebraucht zu werden und eigenverantwortlich zu arbeiten."

Die Arbeit macht Miriam Spaß. Die Azubis bearbeiten von Anfang an echte Fälle, nehmen Arbeitslosmeldungen auf, geben Formulare an die Kunden aus, informieren diese und nehmen Anträge auf Arbeitslosengeld entgegen. "Wir bearbeiten die Anträge, bewilligen sie oder lehnen sie ab", sagt Miriam. Zum Schluss schaut bei den Entscheidungen der Azubis immer noch ein Kollege mit drauf.

Eine reine Aktentätigkeit kann sich die aufgeschlossene Frau nicht vorstellen. "Der Kontakt zu Menschen ist mir sehr wichtig." Bald wird sie bis zu acht Kunden am Tag betreuen. "Bei vielen geht es um die Existenz und um wirkliche Not. Dann ist es schön, helfen zu können", sagt sie. Aber zu viel Mitleid darf Miriam auch nicht haben. "Man darf die einzelnen Schicksale nicht zu nah an sich ranlassen." So heißt es manchmal Grenzen ziehen und konsequent sein, wenn Kunden ihre Lebensgeschichte erzählen wollen oder nicht verstehen, weshalb es beim Sich-arbeitslos-Melden nicht gleich Geld gibt. "Dabei hilft mir dann meine Lebenserfahrung", sagt die junge Frau. Auch die Erfahrung mit ihren Jungs.

Miriam macht in zwei Jahren ihre Abschlussprüfung. "Wenn alles gut läuft, werde ich für zunächst zwei Jahre übernommen", sagt sie. Bundesweit steht sie dann zur Verfügung. Später möchte sie sich noch zur Arbeitsvermittlerin weiterbilden. Doch Miriams Fernziel ist die Personalabteilung oder das Marketing. Wo? "In der Agentur für Arbeit natürlich."