Kritische Bilanz der Bewegung “Wir sind Kirche“

Hannover. Nach dem Tod von Johannes Paul II. hat die kritische katholische Bewegung "Wir sind Kirche" ihren Respekt vor der Persönlichkeit und Frömmigkeit des Papstes zum Ausdruck gebracht, zugleich aber eine kritische Bilanz seiner Amtszeit gezogen. "Er war ein Papst vieler großer Gaben, aber auch vieler falscher Entscheidungen", erklärte die Organisation in Hannover.

Eine mangelnde Dialogbereitschaft habe zu einem "Klima lähmender Angst und geistiger Erstarrung" in der katholischen Kirche geführt, hieß es in einer Erklärung der Organisation. So habe Johannes Paul II. den Reformbewegungen, den Frauen und vielen Reformtheologen jedes Gespräch verweigert.

"Sein Eintreten für die weltliche Gleichberechtigung der Frau war unglaubwürdig angesichts des Beharrens auf dem Verbot der Frauenordination, was eine schwere Hypothek für seinen Nachfolger darstellt", hieß es in der Erklärung. Und sein Beharren auf dem Pflichtzölibat habe die pastorale Arbeit der Kirche gefährdet.

Auch beim Umgang mit dem Thema Verhütung habe der Papst Fehler gemacht. Angesichts der kritischen Haltung zur Verhütung sei der Einsatz des Papstes für weltweite Gerechtigkeit "wenig überzeugend" gewesen.

In der Ökumene und im interreligiösen Dialog habe der Verstorbene zwar vielbeachtete, längst überfällige Schritte unternommen. Dem sei jedoch das anti-ökumenische Lehrschreiben "Dominus Jesus" und zum Ökumenischen Kirchentag das strikte Nein zur Abendmahlsgemeinschaft gefolgt.

Auch der Umgang von Johannes Paul II. mit der Kirchengeschichte wird kritisiert. Das von ihm gesprochene "Mea Culpa" sei nur ein erster mutiger Schritt zur Aufarbeitung der dunklen Seiten der Kirchengeschichte gewesen.