Rom. Der Thron ist leer, der "Global Player" katholische Kirche ist führungslos, einer der wichtigsten Chefposten der Welt ist verwaist - steht nun ein Umbruch bevor? Johannes Paul II. hat die Kirche in die Weltpolitik zurückgeführt. Heute, angesichts des religiösen Rumorens in der Welt, der explosiven Konflikte mit dem Islam und des globalen Zusammenwachsens schaut nicht nur das fromme Glaubensvolk nach Rom, auch Staatsmänner rund um den Globus läßt es nicht kalt, wenn in der Spitze der "Weltmacht Vatikan" die Karten neu gemischt werden.

"Nie zeigt das Papsttum zugleich Macht und Ohnmacht, Glanz und Elend deutlicher als dann, wenn es keinen Papst gibt", schreibt ein deutscher Vatikanist. Die "Zeit zwischen den Päpsten", das waren früher riskante Zeiten für die Kirche, Zeiten der Ränkespiele und der Ranküne. Schließlich ist es nicht der erste Wechsel auf dem Petrusstuhl, den die Ewige Stadt derzeit erlebt. Nach Johannes Paul II., Papst Nummer 264 (offizielle Vatikanzählung) folgt Papst Nummer 265.

"Dieser Papst war ein Glücksfall", heißt es immer wieder in Rom. Kritik wird in den ersten Tagen der Trauer ohnehin untergehen. Aber Millionen Gläubige hatten es nicht gerade leicht mit dem strengen Polen, nicht nur in "glaubensfernen" Ländern wie Deutschland, wo vor allem Frauen auf ihr Recht der Gleichberechtigung pochten. Fromme katholische Ehepaare in Lateinamerika mußten sich schuldig fühlen, wenn sie künstlich verhüteten. Begeisterte katholische Afrikaner durften eigentlich keine Präservative benutzen, nicht mal als Schutz gegen Aids. Stehen jetzt die großen Reformen an, auf die so viele Gläubige so lange warten?

Wie verlaufen die "Frontlinien", wie spielt es sich ab, das vermeintliche Ringen hinter Vatikanmauern? Sind es Machtkämpfe, Diadochenkämpfe gar, wie Außenstehende oft meinen? Konservative gegen Progressive, Europa gegen Dritte Welt?

Ganz anders, sagen die Kirchenleute, statt Machtgerangel solle schließlich der Heilige Geist walten. "Kardinäle gehen pfleglicher miteinander um als Parteipolitiker", weist ein Theologe in Rom Vergleiche mit Machtfragen in der Politik zurück. Wenn es in Kürze um die Besetzung des Chefsessels im "Global Player" Vatikan geht, ist eher Kompromiß gefragt - etwa wie bei der Wahl eines Bundespräsidenten. Nur daß der Papst, im Unterschied zum Bundespräsidenten, Macht in Hülle und Fülle hat.