Irak-Mission: Bush beruft seine Sicherheitsberaterin - ohne Pentagon-Chef Rumsfeld zu informieren. Eine Entmachtung?

Während der Irak von einer neuen Welle blutiger Gewalt erschüttert wird, scheint der Stern von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld weiter zu sinken. Rumsfeld ist, wie er jetzt selber einräumte, nicht über die bedeutende Umstrukturierung der Irak-Politik im Weißen Haus unterrichtet gewesen. Eine interne Mitteilung von US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, in der eine neu gegründete Arbeitsgruppe für den Irak angekündigt worden war, sei ihm nicht zu Gesicht gekommen, sagte Rumsfeld. "Das war wahrscheinlich auf einer niedrigeren Ebene." Tatsächlich aber ist diese Arbeitsgruppe auf Anordnung von US-Präsident George W. Bush selber geschaffen worden, um nach den jüngsten Pleiten stärker direkten Einfluss nehmen zu können. Er hat deshalb mit Rice seine engste Mitarbeiterin damit betraut. Sie und ihr Stab sollen unter anderem einen Teil der Irak-Mission übernehmen, hieß es in Washington. Bisher hatte Rumsfeld die alleinige Federführung. Rumsfeld sagte, er habe nicht das Gefühl, dass seine Autorität unter diesem Zug der US-Regierung leide, und sei über "diesen ganzen Wirbel" überrascht. Auf die Frage, weshalb die Umstrukturierung nötig geworden sei, reagierte Rumsfeld nach Meldung der "Financial Times" äußerst gereizt: "Ich habe gesagt, ich weiß es nicht. Ist das nicht klar? Verstehen Sie kein Englisch? Ich war nicht dabei!" Im Irak gab es gestern bei Gewaltakten mindestens zwölf Tote. Bei einem Anschlag von zwei Selbstmord-Attentätern auf eine Polizeistation in Bagdads schiitischer Vorstadt Sadr-City starben außer den beiden Terroristen mindestens acht Menschen - fünf Zivilisten und drei Polizisten. Augenzeugen berichteten, die beiden Täter hätten eine Autobombe gezündet. Es kam zu chaotischen Szenen. Krankenwagen bahnten sich ihren Weg durch eine Menge von Schaulustigen, die Parolen gegen die USA skandierten. Ebenfalls in Bagdad wurde gestern der Attachee der spanischen Botschaft, Josee Antonio Bernal Goómez, von drei unbekannten Männern erschossen. Er verblutete vor seiner Wohnung. Ein US-Soldat starb an den Folgen von Verletzungen, die er beim Beschuss seines Konvois nordöstlich von Bagdad erlitten hatte. Die US-Regierung machte gestern klar, dass die türkischen Soldaten, die zur Stabilisierung im Irak eingesetzt werden sollen, nicht im kurdischen Norden des Landes stationiert werden.