US-Konservative in Washington werfen dem Außenminister schwere diplomatische Fehler vor.

Washington. Noch siegestrunken vom überraschend schnellen Erfolg gegen den Irak haben US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und einige Mitglieder seiner "Falken- Fraktion" bereits den nächsten Gegner im Visier. Dieser ist jedoch nicht Tausende Kilometer entfernt und gehört auch nicht der "Achse des Bösen" an. Feldherr Rumsfeld kann den "Feind" sozusagen von seinem Arbeitszimmer aus mit einem billigen Fernglas ausmachen. Das Objekt seiner Begierde und der Wut vieler Ultrakonservativer in der US-Regierung ist diesmal das amerikanische Außenministerium, beziehungsweise dessen Chef - Colin Powell. Hatte sich der erste schwarze Außenminister der USA schon im vergangenen Jahr immer wieder der Kritik von Rumsfeld, dessen Stellvertreter Paul Wolfowitz, Pentagon-Berater Richard Perle und US-Vize-Präsident Dick Cheney ausgesetzt gesehen, so hatten sich die "Falken" in den letzten Monaten ganz auf den Krieg gegen Irak konzentriert. Doch jetzt steht der als moderat geltende Powell, über dessen Rücktritt bereits im September 2002 spekuliert wurde, wieder im Kreuzfeuer der Kritik. Der ehemalige Präsident des US-Repräsentantenhauses Newt Gingrich, ein enger Vertrauter Rumsfelds, fordert nun eine "völlige Neuordnung des State Department" und wirft Colin Powell "völliges diplomatisches Versagen" im Vorfeld des Irak-Krieges vor. Nach einem Bericht der "Washington Post" wird der Kampf der beiden Ministerien offiziell nicht zwischen Rumsfeld und Powell ausgetragen, sondern "auf der darunter liegenden Ebene". Der Ex-General an der Spitze des State Department betont, dass er mit dem Zivilisten "Don gut klarkomme, auch wenn es natürlich manchmal Differenzen gibt". Ansonsten kracht es jedoch gewaltig zwischen den beiden Behörden. Beobachter in Washington sind sich einig darin, dass es wohl noch nie einen US-Verteidigungsminister gab, der so viel Einfluss auf die Außenpolitik nehmen wollte wie Rumsfeld. So hatte "Rummy" gegen den Willen Powells sofort nach Kriegsende seinen Favoriten Achmed Chalabi mit einigen Hundert Exil-Irakern nach Irak gebracht, um dort eine neue Regierung zu bilden. Chalabi wird jedoch von Powell und der Mehrheit der Iraker abgelehnt. Als es darum ging, einen Delegationsleiter für die Gespräche mit Nordkorea in Peking zu bestimmen, setzte sich immerhin Powell durch. Während Rumsfeld gern den Hardliner John Bolton nach China geschickt hätte, geht nun Powells Favorit James Kelly. Nach dem Erfolg im Irak würden die "Falken" am liebsten eine US-Außenpolitik sehen, die auf Drohungen und militärischer Übermacht und nicht auf Diplomatie basiert. So warf Gingrich bei einer Rede vor der konservativen Denkfabrik American Enterprise Institute Powell vor, dass er "die Früchte des Irak-Erfolges vergeude", wenn er demnächst nach Syrien reise. Gingrich nannte die Reise "lächerlich" und geißelte Powells Zusammenarbeit mit der EU, Russland, Frankreich sowie der UNO in Sachen Nahost-Friedensplan als "Desaster der amerikanischen Diplomatie". Im Gegensatz zu früheren Angriffen auf das State Department gibt es jedoch einen Unterschied. Das Weiße Haus lässt diesmal keinen Zweifel daran, dass es hinter Colin Powell steht. So erklärte George W. Bushs Sprecher Ari Fleischer: "Der diplomatische Kurs des Außenministers ist auch der Kurs des Präsidenten."