Tarik Asis: stellte sich, um “würdig“ behandelt zu werden. Jetzt wird er von Amerikanern verhört.

Bagdad. Er galt als politischer Überlebenskünstler und "Vorzeige-Christ" des vertriebenen irakischen Regimes. Als Minister in unterschiedlichen Funktionen und zuletzt als Vize-Ministerpräsident zählte der weltgewandte Tarik Asis über Jahrzehnte zu den treuesten Weggefährten von Diktator Saddam Hussein. Zuletzt kam der 67-Jährige Mitte Februar mit seiner Audienz bei Papst Johannes Paul II. und einem Besuch beim Friedensgebet in Assisi in die internationalen Schlagzeilen. Nun sitzt er in US-Gewahrsam. Am Donnerstagabend stellte er sich den amerikanischen Truppen (das Abendblatt berichtete in einem Teil der Auflage). Wird Asis jetzt Saddams Versteck verraten? Von den Verhören versprechen sich die Amerikaner Hinweise auf dem Verbleib des Diktators, seiner Söhne Udai und Kusai sowie anderer Mitglieder der irakischen Führungsclique. Informationen über heimliche Waffenprogramme wird der Christ eher nicht liefern können, denn Asis hatte zuletzt wohl nur begrenzten Einfluss auf Saddams innersten Zirkel. Deshalb stuften die Amerikaner den jetzt Festgesetzten auch nur als Nummer 43 auf der Liste der 55 meistgesuchten Iraker ein. Nach Informationen des US-Fernsehsenders ABC hat ein Sohn von Asis tagelang mit dem Amerikanern über die Aufgabe seines Vaters verhandelt. Dabei soll er Freunde in den USA eingeschaltet haben. Asis habe sich seit dem Zusammenbruch des Regimes in einem Haus von Verwandten in der Nähe Bagdads aufgehalten. Seine eigene Villa in der Hauptstadt war von Plünderern verwüstet worden. Ein Augenzeuge berichtete, US-Soldaten hätten Asis in der Nacht im Haus seiner Schwägerin im von Christen bewohnten Stadtteil El Seitun im Osten Bagdads gestellt. Mohammed Hillal, der gegenüber von Asis' Schwägerin wohnt, will gesehen haben, wie US-Soldaten gegen Mitternacht mit Panzern und Geländewagen vor dem Haus vorfuhren und eine halbe Stunde später mit Asis verschwanden. "Sie waren sehr, sehr leise", sagte Hillal. Die Soldaten hätten Nachtsichtgeräte benutzt und seien auf die Mauer des Hauses und auf Bäume geklettert. "Und dann holten sie einen Geländewagen mit verdunkelten Scheiben und einen weißen BMW, und mehrere Leute sind dort eingestiegen", sagte der Augenzeuge. Von offizieller Seite gab es für diese Darstellung keine Bestätigung. Familienmitglieder des festgenommenen Vize-Regierungschefs sagten, Asis habe mit den Alliierten über seine Festnahme verhandelt, um würdig behandelt zu werden. Er habe erst vor kurzem zwei Herzanfälle erlitten. Die US-Armee habe zugesagt, dass Asis zwar verhört, aber nicht unbedingt in ein Gefängnis gebracht werde. In Washington hieß es, das US-Militär habe keinerlei Zugeständnisse gemacht. Nach Informationen der Familie wird Asis im Irak festgehalten. Noch Ende Januar hatte er versichert, er werde "lieber sterben" als "in ein amerikanisches Gefängnis, nach Guantanamo", zu gehen. "Wir sind nicht von der Sorte, die sich ergeben, nur um zwei oder drei Jahre lang ein erbärmliches Leben zu führen." Der Vizepremier kündigte damals an: "Wir werden bis zur letzten Kugel kämpfen."