Bagdad ist vorerst nicht mehr das Hauptziel der Bodenoffensive. Gegenangriff der Iraker? Viele Tote bei Raketentreffer im Wohngebiet.

Bagdad/Washington. Anhaltender Widerstand der Iraker und extrem schlechtes Wetter haben den Vormarsch der alliierten Truppen auf die irakische Hauptstadt Bagdad vorerst gestoppt. Die US-Regierung sah sich auch gezwungen, die Strategie zu ändern. Statt den schnellen Vormarsch auf Bagdad fortzusetzen, sollen zunächst die irakischen Einheiten in den Städten in der Mitte und im Süden des Landes bekämpft werden, die weiterhin Widerstand leisten. Das bestätigte gestern das Pentagon. US-Präsident George W. Bush sagte: "Dieser Krieg ist noch lange nicht vorbei." Gleichzeitig gab es erste Hinweise auf eine mögliche irakische Gegenoffensive. Eine Kolonne von etwa 1000 irakischen Militärfahrzeugen haben im Schutz der Sandstürme Bagdad Richtung Süden verlassen, meldete gestern Abend der US-Sender CNN. Die Truppenbewegungen der Elite-Einheit Republikanische Garden hatten nachmittags auch US-Aufklärer gesehen. Auch aus Basra meldete der CNN-Reporter vor Ort eine irakische Kolonne, die sich Richtung Süden bewegte. Die alliierten Truppen dagegen sind etwa 80 Kilometer vor Bagdad zum Stehen gekommen. Dies bestätigte der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon, sprach aber gleichzeitig von "bedeutenden Fortschritten". Bei ihrem anfangs sehr schnellen Vormarsch durch die Wüste sind die Invasionstruppen in den vergangenen Tagen bei Basra, Nassirijah, Nadschaf und Kerbela auf hartnäckigen Widerstand irakischer Kräfte gestoßen. Zusätzlich verschärfte sich die Wetterlage: Nach den heftigen Sandstürmen verwandelte starker Regen die Wüste gestern in Schlamm. Immer öfter müssen die Alliierten auch damit rechnen, in Hinterhalte gelockt zu werden. Die irakischen Angriffe kommen nicht nur von den regulären Einheiten, sondern vor allem aus paramilitärischen Verbänden. Nach US-Berichten greifen die Iraker auch aus dem Schutz ziviler Einrichtungen an. Unklarheit herrschte gestern Abend über zwei Raketeneinschläge auf einem Marktplatz in einem Wohngebiet von Bagdad. Dabei waren mindestens 15 Menschen getötet und 30 verletzt worden. Pentagon-Sprecher General McChrystal bestätigte zwar, es habe einen Angriff alliierter Flugzeuge in einem Wohngebiet gegeben, wo eine Luftabwehrstellung bombardiert worden sei. Dieses Ziel habe aber nicht nahe dem Marktplatz gelegen, US-Raketen seien dort nicht eingeschlagen. Möglicherweise hätten Abwehrfeuer oder Boden-Luft-Raketen der Iraker ihr Ziel verfehlt. Angesichts der unerwarteten Schwierigkeiten formulierte Bush seine Rede vor Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt MacDill in Florida vorsichtiger als geplant. Mit Absicht habe er auf die Floskel verzichtet, der Krieg laufe "nach Plan", sagte ein enger Mitarbeiter. Im Redemanuskript stand, der Vormarsch der Truppen im Irak sei "den Plänen voraus". Tatsächlich sagte Bush dann: "Unsere Kräfte machen gute Fortschritte im Irak, aber der Krieg ist noch lange nicht beendet."