RESTAURANT: Das Esszimmer im Hotel 25hours bietet Design der Siebziger, freundliche Küche - und irreale Bierpreise . . .

Für einen Abend wollen wir sentimental werden: zwei Frauen, zwei Männer, ein Jahrzehnt - die Siebziger, das Restaurant muss passen, es soll das Esszimmer sein. Die beiden Damen hießen damals Timmi und Kranich, neben mir sitzt Sumpf, sein Arbeitgeber will sicher gar nicht so genau wissen, warum er während seiner Jugend auf diesen Namen hörte.

Das Esszimmer gehört zum Hotel 25hours, dabei hat ein Tag ja eigentlich nur 24 Stunden, aber hier geht alles ins Irreale - Orange, Beige, Braun beherrschen den Raum. Den Kellner kenne ich aus der Trattoria Torcelle am Mittelweg, eine Spitzenkraft, er bringt das Bier vorweg, und ich möchte dem Wirt vorschlagen, den Preis mal in alter Währung vor sich hinzusagen: "Ein kleines Pils, macht 7 Mark 60, der Herr", da kann doch was nicht stimmen!

Der Kellner empfiehlt einen Weißwein (Sauvignon blanc aus Neuseeland, 26 Euro) und einen Roten aus der Lombardei (28,50 Euro), als Vorspeise nehme ich einen Salat, viel Grünzeug, es knackt, ein Dressing aus Birne und Senf macht's interessant (7 Euro). Der Kranich isst Kartoffeln mit Parmesan und Trüffeln, die leider kaum noch Eigengeschmack haben, was sich der Kellner bei diesen Aromawundern nicht erklären kann (10,50 Euro). Während Timmi ihre Jacobsmuscheln lutscht, löffelt Sumpf Bohnensuppe mit Sahnehaube aus einem Cappuccinoglas, sehr ungewöhnlich, aber Sumpf grunzt, damit hat er früher schon seine Befriedigung ausgedrückt.

Da heute mein Geburtstag ist, bekomme ich am Tisch eine CD geschenkt (Led Zeppelin III) und eine Gießkanne in Form eines Schweinchens mit Flügeln auf dem Rücken - der Kellner merkt, dass wir was zu feiern haben, und spendiert Schnaps von Äpfeln, die auf der anderen Elbseite wachsen. Unsere Hauptgerichte sind da: eine Pizza aus Parmaschinken und Rucola (9 Euro), erinnert uns an unsere Reise nach Neapel im Sommer 1977. Meine Rotbarbe auf Fenchelgemüse (14 Euro) ist der Höhepunkt der Mahlzeit, das Perlhuhn mit Kartoffelrisotto (15,50 Euro) schmeckt Timmi und Sumpf, obwohl der Reis fehlt, was bei einem Risotto sofort auffällt.

Nach einer weiteren Runde Apfelschnaps wollen wir tanzen gehen - und ich könnte schwören, dass mein geflügeltes Schweinchen mir zuzwinkert, als ob es sagen möchte: Schön war die Zeit.

>> Esszimmer Mo-Fr 12.00-15.00, 17.00-23.00, Sa nur abends, Paul-Dessau-Straße 2 (S Bahrenfeld, Bus 3), T. 855 07 16 40; www.hamburg-live.de/go/ham