Serie: Deutschlands Nationalparks - Teil 2: Naturschönheiten im Gebirge. In drei Folgen stellen wir die schönsten geschützten Landschaften vor. Dazu gehört der Harz. Er hat ein besonderes Klima mit spezieller Pflanzenwelt, bis hin zu subalpinen Gewächsen am Brocken-Gipfel (1142 Meter).

Der Luchs braucht große, möglichst zusammenhängende Wälder, die ungestörte Verstecke bieten wie Felsen oder steinige Hänge. Solche Lebensbedingungen gibt es im Nationalpark Harz - hier leben gut zwei Drittel der geschätzten 30 Luchse, die durch deutsche Wälder streifen. Seit Anfang dieses Jahres, als die beiden Harz-Nationalparks von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt fusionierten, ist das Schutzgebiet mit 24 700 Hektar Deutschlands größter Waldnationalpark.

In den Tälern des norddeutschen Mittelgebirges und auf niedrigerer Höhe wachsen urtümliche, lichte Buchenwälder. Mit ihrem frisch sprießenden Grün sind sie im Frühsommer besonders attraktiv. Zum Teil sind Stämme und Äste mit Flechten bewachsen und erinnern an einen Märchenwald. Wer genau hinschaut, entdeckt Leben im Totholz: Ein alter Buchenstamm ist gespickt mit Löchern, die als Bruthöhlen der Spechte und anderer Waldvögel oder als Fledermausquartier dienen. Mit zunehmender Höhe mischen sich Fichten unter die Laubbäume und stehen dann oberhalb von 700 bis 800 Meter Höhe weitgehend unter sich.

Das botanische, topographische und touristische Sahnehäubchen ist der Brocken, mit 1142 Meter die höchste Erhebung des Harzes. Auf seinem Gipfel gedeiht eine einzigartige subalpine Flora. Auch klimatisch hebt sich der Harz von allen anderen deutschen Mittelgebirgen ab: In den Höhenlagen herrscht annähernd boreales (nördliches) Klima, mit vielen Niederschlägen und um die 200 Nebeltagen im Jahr.

"Der Harz ist vor allem ein buntes Mosaik aus Natur- und Kulturlandschaft", sagt Nationalpark-Sprecher Friedhart Knolle. "Wir sind ein Renaturierungs-Nationalpark, manche eigentlich natürlichen Prozesse müssen wir erst wieder anstoßen." Der mehr als 1000 Jahre alte Bergbau hat seine Spuren hinterlassen. So stehen dunkle Fichtenwälder in vielen niedrigen Lagen. Hier gehören sie von Natur aus nicht hin. Die Nationalparkverwaltung versucht deshalb behutsam, hier wieder Buchen und andere standortgerechte Laubbäume anzusiedeln.

"Die Köhlerei zerstörte die Buchenwälder", erzählt Knolle. An vielen Stellen erinnern große Kuhlen an die rauchenden Erdmeiler. Riesige Waldbestände wurden geplündert, um den immensen Holzkohlebedarf der Eisen- und Hüttenwerke zu stillen.

Aber der Bergbau hinterließ auch Positives. Manche verlassenen Stollen bieten heute Fledermäusen Unterschlupf. Und eine echte Besonderheit ist das Grabensystem der Oberharzer Wasserwirtschaft. Sie zapfte Bäche und Moore an, um Wasserkraft für den Bergbau zu nutzen. Rund um Clausthal, Hahnenklee und St. Andreasberg sind seit 1530 etwa 70 Kilometer Gräben, 60 Teiche und 20 Kilometer unterirdische Wasserläufe entstanden. Das Netz gilt als einmalig in Mitteleuropa, die Anerkennung als Weltkulturerbe ist beantragt. Seine ökologische Kehrseite: Die Gräben durchschneiden Bachläufe und vermindern den natürlichen Wasserabfluß. Aber gleichzeitig erstrecken sich an ihrer Seite viele Kilometer fast gefällelose Wege mit Wasserbegleitung, sie sind vor allem im Sommer kleine Eldorados für Wanderer.

Doch die eigentlichen Perlen des Nationalparks sind seine Hochmoore. Es sind sehr ursprüngliche Lebensräume, denn viele Entwässerungsmaßnahmen - und damit auch der Torfabbau - scheiterten an den großen Niederschlagsmengen. Eine zweite Spezialität sind die baumfreien Blockhalden. Sie sind Relikte aus der Eiszeit: An einigen Berghängen liegen riesige Ansammlungen von Granit-Felsbrocken - ein sehr seltener, unberührter Lebensraum, der außerhalb der Alpen kaum zu finden ist.

Menschen haben über Jahrhunderte den Harz geprägt und dabei 1818 auch den letzten Luchs erlegt. Dank eines Wiederansiedlungsprojekts ist die Großkatze nun dabei, verlorenes Terrain zurückzuerobern. Und mit ihr breitet sich auch die ursprüngliche Natur langsam wieder aus.