Serie: Deutschlands Nationalparks - Folge 3: Wälder und Wasser. In drei Folgen stellen wir die schönsten geschützten Landschaften vor. Viele liegen vor der Haustür - in der Müritzregion sind Adler und Kraniche zu Hause.

Pfeilschnell stürzt sich ein Raubvogel auf den See, seine Flügel schlagen auf das Wasser, bevor er sich mit einem Fisch in den Greifen empor schwingt, auf einem Baumskelett landet und zu fressen beginnt. Jagdszenen an einem der 107 mehr als ein Hektar großen Seen des Müritz-Nationalparks. Auf 32 200 Hektar breitet sich auf zwei Teilflächen ein Gesamtkunstwerk der Natur aus, bestehend aus gut 70 Prozent Wald, 13 Prozent Seen sowie Mooren, Wiesen und Weiden.

Der 1990 gegründete Nationalpark ist Teil der Mecklenburger Seenplatte. Doch im Gegensatz zum Rest der Region ist er kein traditionelles Tourismusgebiet, sondern war der Staatsjagd, dem Naturschutz und der Sowjetarmee vorbehalten. Letztere unterhielt auf einer etwa 2000 Hektar großen Kahlfläche, die 1934 durch ein Waldbrand entstand, einen Truppenübungsplatz.

Wer heute über das ehemalige Manövergelände zwischen den Orten Klockow und Krienke blickt, sieht keine Sandwüste mehr, sondern eine weitläufige Buschlandschaft. Die Natur erobert verlorenes Terrain zurück, Moose, Flechten und Gräser, junge Birken und Kiefern bereiten den Boden für einen neuen Wald.

Doch die eigentlichen Perlen des Schutzgebietes sind die mit kleinen Seen und Mooren gespickten Buchenwälder um Serrahn-Wanzka, die mit 6200 Hektar Fläche den kleineren Teil des Nationalparks bilden, und die 26 000 Hektar umfassende Region am Ostufer der Müritz. Deutschlands zweitgrößter See liegt weitgehend außerhalb des Nationalparks, nur ein 500 Meter breiter, zehn Kilometer langer Uferstreifen gehört zum Schutzgebiet. Hier erstreckte sich seit 1949 das größte Naturschutzgebiet der DDR.

Das Ostufer ist eine sehr flach abfallende Sandebene, die vor mehr als 200 Jahren noch zum See gehörte. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Flüßchen Elde schiffbar gemacht. Dafür mußten viele Mühlenstauwerke weichen, als Folge sank der Wasserspiegel der Müritz um fast zwei Meter. Am Ostufer blieben einige Restseen übrig, dazu ausgedehnte Moore und Schilfflächen. Sie machen das Gebiet weitgehend unzugänglich. Die Ruhe nutzen Kraniche und Rohrdommeln zum Brüten.

Im Sommer gehört die Müritz sowie ein Großteil der Gewässer der Mecklenburger Seenplatte einer großen Artenvielfalt von Schiffen: Kanuten paddeln durch seichte Nebengewässer, die für Motorboote tabu sind. Haus- und Segelboote gleiten über die Seen, Passagierschiffe steuern Orte am Rande des Nationalparks an, zum Beispiel Waren mit seinem schmucken Altstadtkern. Zahlreiche Badestellen, Wander- und Radwege gehören zum umfassenden Freizeitangebot einer Region, die voll auf den Tourismus setzt.

Im Herbst übernimmt dann wieder die Natur das Zepter, an der Müritz kehrt Ruhe ein. Naturfreunde können abends von Beobachtungsständen aus das Röhren der brünftigen Rothirsche vernehmen und Scharen von einschwebenden Kranichen sehen, die auf ihrem Zug nach Süden in der Gegend rasten. Tagsüber fressen sie sich Energiereserven auf den umliegenden Stoppelfeldern an, abends suchen sie sich seichte Stellen in den Seen am Ostufer, um im knietiefen Wasser zu übernachten.

Wie die Kraniche ziehen auch die Fischadler im Oktober in südliche Gefilde. Aber die Seeadler bleiben das ganze Jahr in ihrem Revier. Jagdszenen von einem Adler lassen sind mit etwas Glück also das ganze Jahr über beobachten.