Sportmedizin: Treppen steigen, Fenster putzen, Fahrrad fahren - um sich fit zu halten, reicht es oft aus, sich den alltäglichen Herausforderungen zu stellen, statt sie zu vermeiden. Einige Anregungen

Beim Sitzen zwackt es im Rücken, beim Treppensteigen wird die Luft knapp, beim Fegen schmerzen die Arme. Um das zu ändern, muss niemand gleich ins nächste Fitness-Center fahren. Oft reicht es, sich den alltäglichen Herausforderungen zu stellen, anstatt sie zu vermeiden. Hier einige Tipps für mehr Bewegung im Alltag.

Tipp Nummer 1: Sagen Sie Nein zu allen Gehhilfen wie Aufzügen, Förderbändern oder Rolltreppen. (Die ursprüngliche Bezeichnung für Fahrstuhl lautet übrigens "Aufstiegshilfen für Gehbehinderte".) Denn Treppensteigen trainiert die Bein- und Gesäßmuskeln, verbessert die Atmung, schult die Ausdauer - und lässt sich spielend leicht und ohne Zeitaufwand in den Alltag integrieren. Außerdem verbrennt der Körper beim Treppensteigen Energie. "Ein etwa 80 Kilogramm schwerer Mensch verbraucht, wenn er die Treppen über drei Etagen steigt, etwa neun Kilokalorien", rechnet Professor Klaus-Michael Braumann vor. Der Sportmediziner ist Chef des Sportinstitutes der Uni Hamburg. Wer also fünfmal täglich dieses Pensum absolviert, verliert bereits 40 Kilokalorien, die sonst seinen Körper belasten und seiner Gesundheit schaden würden.

Tipp Nummer 2: Schaffen Sie sich alltägliche Bewegungsräume, selbst wenn das etwas Zeit kostet. Diese Investition in Ihre Gesundheit rentiert sich schnell.

Deshalb: Lassen Sie möglichst oft das Auto stehen und laufen. Strecken unter 1000 Metern sind ideal, um sie mit einem zügigen Spaziergang zu bewältigen. Davon profitieren nicht nur Ihre Muskeln, sondern auch Ihre Nerven: kein Ärger über andere Autofahrer, kein zeitaufwendiges Suchen nach Parkplätzen, kein Stau. Und preiswerter als Autofahren ist das Laufen allemal.

Wer schneller vorankommen will, sollte zum Fahrrad greifen. Regelmäßige, tägliche Fahrten trainieren die Muskeln, Herz sowie Kreislauf und stärken die Abwehrkräfte. Etwa die Hälfte aller Wege, die täglich zurückgelegt werden, sind nicht länger als drei Kilometer, errechnete das Umweltbundesamt (Berlin) - und damit zum Biken hervorragend geeignet.

Und die Nutzer des Öffentlichen Nahverkehrs sollten so aus Bus und Bahn aussteigen, dass sie noch einen 15-minütigen Spaziergang bis zu ihrem Ziel zurücklegen können.

Tipp Nummer 3: Gönnen Sie sich Bewegungspausen. Spannen Sie Bauch-, Bein-, Gesäß- und Rückenmuskeln aktiv an, wenn Sie morgens noch im Bett liegen, vor dem Fernseher sitzen oder am Schreibtisch arbeiten. Das schult die Muskeln ohne großen Aufwand. Um die gesamte Muskulatur zu kräftigen: Morgens gleich nach dem Aufstehen einige Liegestütze machen. Um die Ausdauer zu verbessern, bietet sich Seilspringen an. Wer sich nur auf einem Bein stehend Socken und Schuhe anzieht, schult zudem seine Koordinationsfähigkeit.

Beim Arbeiten am PC oder am Schreibtisch sollten Sie sich wenigstens einmal in jeder Stunde aktiv bewegen. Räkeln Sie sich im Stuhl; zappeln Sie mit den Beinen; stehen Sie auf und strecken beide Arme gerade zur Decke, verschränken Sie die Hände, neigen Sie sich erst zur linken, dann zur rechten Seite, die Wirbelsäule freut sich; oder pressen Sie Ihre Schulterblätter zusammen und verschränken die Hände auf dem Rücken, das dehnt den Brustkorb. Wann immer es geht, legen Sie Ihre Beine hoch. Das entlastet das Gefäßsystem. Um den Kreislauf in Schwung zu halten, sollten Sie zudem die Kollegen besuchen, statt E-Mails zu verschicken, und beim Telefonieren möglichst gehen oder stehen.

Fernsehen und Bewegung schließt sich auch nicht aus: Setzen Sie sich im Schneidersitz auf den Boden, strecken die Arme nach oben und pflücken virtuelle Äpfel, Pflaumen oder Kirschen direkt über Ihren Kopf, rät Klaus-Michael Braumann. "So beugen Sie Rückenbeschwerden vor, denn durch das aktive Strecken werden die kleinen Rückenmuskeln gekräftigt", erläutert der Sportmediziner. Und in den Werbepausen kann man mit drei Bällen jonglieren üben, um die Koordinationsfähigkeit zu verbessern.

Tipp Nummer 4: Nutzen Sie die Haus- und Gartenarbeit zum Muskeltraining. So kräftigt beispielsweise Fensterputzen oder Wäscheaufhängen den Rücken und die Arme, Staubwischen schult die Feinmotorik. Wer schwere Kisten oder Einkaufstaschen ohne Rücken-, Nacken- und Armschmerzen tragen kann, der braucht kein Muskeltraining im Fitnessstudio. Und Umgraben und Rasenmähen stärkt vor allem die Bein- und Rückenmuskeln - und erfrischt die Seele.

Tipp Nummer 5: Machen Sie sich einen Plan, welche Bewegungsräume Sie sich erobern wollen. Erst wenn Sie einen Bewegungsraum sicher in ihren Alltag integriert haben, steuern Sie den nächsten an. Und noch eines ist wichtig: Sie brauchen Zeit, um sich zu entspannen. Sonst bleibt die Freude an Bewegung nicht lange erhalten.