Sportmedizin: Die warme Jahreszeit hat begonnen - die beste Zeit, um Bewegung ins Leben zu bringen. Das Abendblatt zeigt in acht Folgen, wie Sie in Form kommen.

Die Kleinsten leben es uns täglich vor: Mit schier unerschöpflicher Energie hüpfen, springen, laufen oder purzeln sie - und das von morgens bis abends. Ein kräftiges Herz, das täglich etwa 100 000-mal schlägt und dabei pro Minute vier bis fünf Liter Blut in den Körper pumpt, ein Lungensystem, das mit seinen Verästelungen einen Tennisplatz überziehen könnte, weit mehr als 200 Muskeln an Armen, Beinen und Rumpf lassen keinen Zweifel daran: Jeder Mensch wird als Bewegungswesen geboren. Doch wer lebt noch als Erwachsener diesen natürlichen Bewegungsdrang aus?

Wie man am besten mehr Bewegung in sein Leben bringt und daran auch noch Spaß findet, ist das Thema unserer Serie "Gesund mit Sport". In acht Folgen informieren Sportmediziner, wie Sie in Form kommen, Ihre Muskeln kräftigen, Ihre Kondition stärken und Ihre Koordination verbessern können. Außerdem können Sie mit kleinen Tests prüfen, wie es um Ihre Fitness bestellt ist. Zudem geben wir Lese- und Sporttipps, nennen Adressen für weitere Informationen.

Mobil zu werden ist heute nötiger denn je. Nachdem die industrielle Revolution die Notwendigkeit körperlicher Arbeit bereits drastisch reduziert hat, haben Computer- und Kommunikationstechniken uns nahezu festgesetzt. Der Griff zum Handy erspart den Gang zum Telefon, die Fernbedienung den zum Fernseher oder Radio, und auch am Arbeitsplatz unterbleibt der Gang zum Kollegen - mit schweren Folgen. Wenn etwa ein 70 Kilogramm schwerer Mann jede Stunde eine Mail verschickt, statt diese in einem zweiminütigen Gang über den Flur persönlich zu überbringen, dann hat er allein dadurch nach fünf Jahren zweieinhalb Kilogramm mehr Fett auf den Rippen. Das rechnete William Haskel von der Stanford University aus.

Im alltäglichen Bewegungsmangel erstickt auch die Fitness des Gehirns. Geschaffen, um auch komplexe Bewegungen zu koordinieren, fristet es ein unausgefülltes Dasein. Kein Wunder, dass die Zahl der aktiven Nervenzellen schwindet. Dabei können wir motorisch unglaublich viel lernen - vom Skilaufen bis zum Tennisaufschlag, vom Salto bis zum Skaten, vom Geigen- bis zum Klavierspiel. Körper und Gehirn zucken vor komplexen Anforderungen nicht zurück. Ja sie brauchen sie. Denn körperliche Aktivität verlängert, wie wissenschaftliche Studien seit den 50er-Jahren in schöner Regelmäßigkeit belegen, das Leben. Wer sich bewegt, hält seinen Stoffwechsel in Schwung, stärkt seine Abwehrkräfte, beugt Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor, erhöht die Heilungschancen nach einem Infarkt oder einer Krebstherapie.

Wer sich richtig bewegt, in dessen Muskeln sprießen neue kleine Blutkanäle (Kapillaren), die Arterien werden elastischer, die Anzahl der Kraftwerke in den Zellen (Mitochondrien) nimmt zu, rote Blutkörperchen vermehren sich, Stresshormone sinken, der Blutdruck normalisiert sich, das Herz arbeitet ökonomischer, die (körperliche) Belastbarkeit steigt. Prof. Wildor Hollmann, Pionier des Gesundheitssports in Deutschland, hält die körperliche Aktivität daher für ein Art "Medikament". Dem ehemaligen Präsidenten des Weltbundes der Sportmediziner ist es zu verdanken, dass Krankenkassen und Sportvereine heute Gesundheitssport auch als Präventivmaßnahme anerkennen.

Und längst ist bewiesen, dass neben den Muskeln auch die Stimmung aufgebaut wird. "Bei der Behandlung von Menschen mit Depressionen", sagt Professor Klaus-Michael Braumann, Chef des Instituts für Sport- und Bewegungsmedizin an der Universität Hamburg, "wird Bewegung beziehungsweise Sport seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Den erkrankten Menschen, die Sport treiben, geht es eindeutig besser." Zwar ist nicht ganz klar, wieso Sport die Stimmung aufhellt. Möglicherweise bewirken das die Endorphine, die auch Glückshormone genannt werden. Sie werden beim Sporttreiben vermehrt ausgeschüttet - der Lohn des Körpers für die Anstrengung. Außerdem erhöht eine gute Fitness, auch das zeigen Studien, das Selbstvertrauen.

Dafür muss niemand zum Leistungssportler werden. "Denn um sich gesund und leistungsfähig zu erhalten und wohl zu fühlen, ist eigentlich nur verhältnismäßig wenig an muskulärer Beanspruchung nötig", sagt Sportmediziner Klaus-Michael Braumann, der auch Dekan des Fachbereiches Sportwissenschaften ist.

Zum körperlichen Training gibt es keine Alternative - schon gar nicht für Ältere. Denn Studien zeigen, dass sie durch ein solches Training länger jung bleiben, sich im Alltag mehr zutrauen. Finden Sie in den kommenden Tagen heraus, welcher Sport für Sie der richtige ist, wie sie sich am besten erholen und - ganz wichtig - wobei sie am meisten Freude verspüren. Vereine, Sportgruppen und gute Sportstudios helfen dabei.