Sportmedizin: Wie wird man seine überschüssigen Pfunde wieder los? Mit der richtigen Kombination aus gesunder Ernährung und Bewegung, rät Dr. Thomas Wessinghage.

Der Gang auf die Waage lässt Gewissheit werden, was der Blick in den Spiegel schon lange verraten hat: Die Weihnachtsgans sitzt immer noch auf den Hüften, und die vielen langen Abende mit Wein und Chips vor dem Kamin an ungemütlichen Wintertagen haben ihre Spuren hinterlassen. Doch wie wird man lästige Kilos los, wie wird man mobiler? Dr. Thomas Wessinghage, Ärztlicher Direktor der Reha-Klinik Damp, beschreibt, wie man den Wettstreit mit dem Übergewicht gewinnen kann.

"Übergewicht ist die Konsequenz aus der ungleichen Bilanzierung von Nahrungsaufnahme und Nahrungsverbrauch", so der Sportmediziner. "Wir verhalten uns so, als ob wir unseren Körper auf die nächste Hungersnot oder den Winterschlaf vorbereiten würden."

Die Folge ist, dass bereits 60 Prozent der Bevölkerung unter Übergewicht leiden. Dabei ärgert nicht nur die kneifende Hose. Übergewicht bringt eine Vielzahl von gesundheitlichen Problemen mit. "Übergewicht ist Ursache für gefährliche, teure Krankheiten", betont Dr. Thomas Wessinghage und nennt Schlaganfall, Herzinfarkt, Diabetes und diverse Folgekrankheiten.

"Um das Gewicht auf dem notwendigen gesunden Niveau zu halten, müssten wir entweder eine lebenslange Diät führen oder uns einfach mehr bewegen", so der Experte, "der Aufwand, über Bewegung das Gewicht zu reduzieren und zu halten, ist jedoch geringer als bei einer Diät."

Bereits dreimal wöchentlich 40 Minuten ausdauernde Bewegung reichen aus, um das Erkrankungsrisiko zu senken und Gewicht langfristig zu stabilisieren, wenn der Nahrungskonsum nicht weiter ansteigt. Grundsätzlich sind Bewegungsformen geeignet, die ausdauernd betrieben werden, ohne Pausen. Dabei wird die Intensität an das Niveau des Sporttreibenden angepasst. "Zügiges Gehen, Walking oder Nordic Walking sind für Übergewichtige geeignet. Fahrradfahren, Aqua-Jogging und Aqua-Walking sind mögliche Formen der Bewegung für Menschen mit Gelenk- oder Knieproblemen", so der Fachmann. Vom Joggen rät er Übergewichtigen ab, bis sich das Gewicht normalisiert hat.

Wichtig ist für Anfänger, sich ihren Fähigkeiten gemäß zu verhalten und sich nicht zu überfordern. Das Bewegungsprogramm sollte sanft beginnen und wieder ruhig ausklingen. Anschließend sind leichte Dehnübungen zu empfehlen. "Während der Belastung sollte man nicht dramatisch außer Atem kommen, nebenbei sprechen können, keine Schmerzen verspüren. Bewegung soll Spaß machen und fürs nächste Mal motivieren", erklärt Dr. Wessinghage. Die bekannte Formel für den Belastungspuls von 180 minus Lebensalter ist nicht für alle unbedingt zutreffend. Deshalb ist das noch mögliche flüssige Sprechen ein guter Gradmesser.

"Das Training sollte dann enden, wenn es am meisten Spaß macht. Irgendwann soll es nach 40 Minuten Spaß machen", räumt der Mediziner ein. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass erst mit zunehmender Belastungsdauer der Fettanteil bei der Energiegewinnung zunimmt. Zum Vergleich: Bei kurz dauernden intensiven Leistungen werden im wesentlichen die schnell mobilisierbaren Kohlenhydrate verbrannt.

Wer Spielsportarten betreibt, sollte zusätzlich ausdauernde Belastungen mit in das Bewegungsprogramm einfließen lassen. Bildlich beschreibt der ehemalige Leistungssportler: "Kohlenhydrate befinden sich in einer großen Scheune, mit einem großen Tor und Anbindung an die Autobahn. Die Scheune kann man gut leeren, weil man schnell hin- und reingelangt. Die Fette sind in einer weiter hinten gelagerten Scheune mit kleinem Tor und einem Trampelpfad als Zuweg gespeichert. Es dauert länger, an die Scheune heranzukommen, aber bei einer ausdauernden Nutzung wird der Trampelpfad breiter und die Scheune besser erreichbar."

Der Körper benötigt eine gewisse Anlaufphase, um auf die neue und zusätzliche Bewegung mit Gewichtsreduktion zu antworten. "Der Körper braucht einige Wochen Zeit, um sich anzupassen. Nach sechs bis acht Wochen sollte man jedoch erste Ergebnisse erkennen können." Das einzelne Training ist gar nicht entscheidend, betont der ehemalige Mittelstreckenläufer. Wichtig ist, es konsequent durchzuhalten. Lieber öfter und kürzer bewegen, als einmal einen Gewaltmarsch zu absolvieren, um anschließend eine tagelange Pause einzulegen.

Er empfiehlt, ein Trainingstagebuch zu führen. "Jeder sollte sich erreichbare Ziele setzen und sie dokumentieren. Wenn sich Zweifel einschleichen, geben die Notizen einen Aufschluss über das tatsächlich Erreichte. Danach kann auch entschieden werden, die Strecke oder die Trainingshäufigkeit zu erhöhen. Das Bewegungsprogramm mit Gleichgesinnten und in einem bestimmten Wochenrhythmus durchzuführen ist für die eigene Motivation wichtig".

Für Dr. Thomas Wessinghage steht außer Frage, dass Bewegung unerlässlich ist: "Der Mensch ist zur Bewegung geboren, ist dazu in der Lage, und er braucht sie auch."

  • Weitere Informationen : Fragen an den Experten und Abruf von Empfehlungen für einen persönlichen Trainingsplan: thomas.wessinghage@damp.de oder an den Arzt vor Ort in der Reha-Klinik Damp: dieter.riebe@damp.de

Buchtipp : Dr. Thomas Wessinghage, "Laufen", erschienen im BLV-Verlag mit Erkenntnissen zur Lauftechnik, Ausrüstung und Training, Laufen und Gesundheit. 19.95 Euro