Jenisch Haus: Eine Schau widmet sich dem Erbauer Franz Gustav Forsmann. Bauten wie die Börse und das Johanneum prägen die Stadt. Nun wurde das Leben des Baumeisters erforscht.

Ein etwas dicklicher Junggeselle sei er gewesen, der den ganzen Tag in Schlafrock und mit Samtkappe auf dem Kopf vor seinem Zeichentisch saß. Mit diesen Worten beschreibt der Hamburger Architekt Martin Haller (1835-1925) seinen Kollegen Franz Gustav Forsmann. Viel mehr persönliche Details sind nicht bekannt über den Mann, der mit Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) unter anderem das Jenisch Haus schuf.

Für das Altonaer Museum Anlaß genug, ihn im Rahmen des Architektursommers mit der Ausstellung "Franz Gustav Forsmann (1795-1878). Eine Hamburger Architektenkarriere" vorzustellen. Im zweiten Geschoß des klassizistischen Landhauses, das er von 1831 bis 1834 im Auftrag des Senators Martin Johan Jenisch (1793-1857) erbaute, werden Werdegang und Werke Forsmanns anhand von Dokumenten, Entwürfen und Fotos erhaltener Bauten erläutert. Nur eines fehlt bisher: ein Porträt Forsmanns. "Und daß, obwohl er aus einer Künstlerfamilie stammt", sagt Kuratorin Julia Berger, die Forsmanns Vita erforscht hat.

Die Eltern - ein Kupferstecher und eine Kunsthandwerkerin - schickten ihren Sohn in die Kunsthochschule, die Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829) am Hof des Herzogs von Oldenburg in Eutin gegründet hatte. Zurück in Hamburg, begann Forsmann trotz der Ausbildung als Maler eine Tischlerlehre. "Jetzt erst haben wir rausgefunden, daß er sich 1819 auch noch an der Akademie der Künste in München für Architektur eingeschrieben hatte", sagt Kunsthistorikerin Berger. Während des Studiums bildete er sich auf Reisen fort. Seine Professoren waren der Traditionalist Karl von Fischer (1782-1820) und Friedrich Wilhelm von Gärtner (1791-1847), ein Verfechter des Rundbogenstils, der mit dem Klassizismus gebrochen hatte. Die Positionen der renommierten Architekten waren charakteristisch für die Zeit des stilistischen Wandels, die auch Forsmanns Arbeit nachhaltig prägen sollte.

Als der junge Mann 1824 wieder nach Hamburg kam, versuchte er über Wettberwerbe als Architekt Fuß zu fassen. Er reichte zum Beispiel einen Entwurf für die Neugestaltung des Domplatzes ein, wodurch er Kontakt zur Baudeputation erhielt. Seit 1825 unterstützte Forsmann die Behörde mit Ideen. "Der Posten des Baudirektors war nicht besetzt. Zwei Architekten teilten sich die Bereiche Hoch- und Industriebau", weiß Berger. Einer von ihnen war Carl Ludwig Wimmel (1786-1845). Unter dem Architekten der Staatsoper trat Forsmann 1828 als Stadtbaumeister in die Deputation ein, setzte aber ein Jahr zuvor bereits seinen ersten Privatbau um: ein Mausoleum für den Vater Jenischs.

Der Wechsel von privaten und öffentlichen Aufträgen war charakteristisch für Forsmanns Wirken. "Zu vermuten ist, daß er sich so auch sein Gehalt aufbessern wollte", erklärt Berger. Während er für die Behörde zunächst nur mit kleinen Aufträgen wie Torhäusern befaßt war, begann er 1828 mit der Planung des Jenisch-Hauses. Für die Ausstellung wird im Erdgeschoß und in der ersten Etage rekonstruiert, wie Forsmann das Innere ursprünglich konzipiert hatte. Originalgrundrisse, Papiertapeten, Installationen von Biedermeier-Garderobe und historischem Bad vermitteln die Wohnkultur des 19. Jahrhunderts, wie Jenisch sie mit seiner Frau Fanny pflegte. Zudem werden Forsmanns Entwürfe denen Schinkels gegenübergestellt. Und es ist zu sehen, wie der weiße Prachtbau im Film heute inszeniert wird.

Nach dem Bau des Jenisch Hauses konstruierte Forsmann in einer wahren Auftragswelle zahlreiche Wohnhäuser für angesehene Kaufleute und Vertreter der Stadt. Zu den schönsten Exemplaren gehören das Wohn- und Geschäftshaus für Gottlieb Jenisch an der Binnenalster, der heutige Überseeclub, sowie die Landhäuser Weber und Vorwerk in den Elbvororten.

Mit Wimmel schuf er solch prägende Werke wie die Börse und das Johanneum. Doch erst als sein Vorgesetzter 1845 starb, konnte sich Forsmann als eigenständiger Architekt in der Behörde etablieren, für die er bis 1871 arbeitete. In diesen Jahren realisierte er zum Beispiel ein Polizeigebäude, eine Markthalle und mehr als zehn Schulen. Zugunsten der Funktionalität verzichtete er dabei auf die bis dahin moderne Putzarchitektur und wandte sich dem Backstein zu.

Im Rahmen des Architektursommers illustriert das Altonaer Museum auch die Historie seines Haupthauses. Die Schau "Die Spur der Architektur - zur Baugeschichte des Altonaer Museums", ein Ausstellungsprojekt mit der Fachhochschule Lippe und Höxter, Detmold, ist vom 23. August 2006 bis 25. März 2007 in der Museumstraße 23 zu sehen.

  • Jenisch Haus, Baron-Voght-Str. 50, 13.6.-29.10., di-so 11-18 Uhr, Führungen: so 15 Uhr o. für Gruppen nach Anmeldung T. 82 87 90; Begleitprogramm: www.altonaermuseum.de