Kunsthalle: Eine Ausstellung in zwei Teilen. Arbeiten von Hamburger Frauen aus den Jahren 1890 bis 1933

Der Titel der Schau klingt so naheliegend, daß das bisherige Fehlen dieser Ausstellung um so mehr verwundert. "Künstlerinnen der Avantgarde in Hamburg 1890 bis 1933" widmet sich den bislang vernachlässigten Kunstschaffenden der Stadt. Zwar wurden einzelne Künstlerinnen bereits in der Vergangenheit gewürdigt. Aber als eine sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts verstärkt artikulierende Gruppe von Individuen wurden Hamburger Künstlerinnen noch nie thematisiert. Der Nachholbedarf ist so groß, daß Kurator Dr. Ulrich Luckhardt eine zweiteilige Schau konzipierte. Ende Mai begann der erste, Anfang September startet der zweite Teil der Ausstellung, die unter anderem von Mitgliedern des Verbandes deutscher Unternehmerinnen unterstützt wird.

Frauen und Kunst - das fügte sich zwar auch im 19. Jahrhundert zusammen, aber nur bedingt. Als "Dilettantinnen", Amateurinnen, die kunsthandwerkliches Geschick und künstlerische Bildung mit in die Ehe brachten, waren sie gern gesehen. Als professionelle Künstlerinnen mit eigenen Karriereplänen weniger. Lange, bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts, waren sie von beruflicher Ausbildung ausgeschlossen.

Bewußt hat Luckhardt bei der Auswahl der Künstlerinnen auf eine Vielfalt geachtet. In Lebenslauf, Werk, künstlerischer Zugehörigkeit und öffentlicher Beachtung unterscheiden sich die Künstlerinnen zum Teil erheblich. Ein tragisches Schicksal teilen allerdings viele von ihnen: den Freitod, überwiegend aus politischen Gründen als Folge der Nazi-Diktatur. Als Wiederentdeckung gelten die Schwestern Helene und Molly Cramer. Die heute vergessenen Künstlerinnen waren zu ihrer Zeit europaweit geschätzte Malerinnen von Blumenstilleben. Alfred Lichtwark, Gründungsdirektor der Kunsthalle, erwarb zwei Bilder der Schwestern. Ihre Vorliebe, heimische und wildwachsende Blumen den sogenannten "Kunstblumen" vorzuziehen, hatte sein Interesse erregt.

Am Beispiel von Mary Warburg, Tochter des Senators Heinrich Hertz, zeigt sich, wie aufkommende Familienpflichten Karrieren vorzeitig beendeten. Heute in wieder guter Erinnerung ist zweifelsohne Anita Ree (1885-1933). Die durch ihre schonungslosen Selbstdarstellungen und von Neuer Sachlichkeit geprägten Porträts bekannte Künstlerin gilt als eine der herausragendsten Hamburger Künstlerinnern. Gleiches gilt für Elena-Luksch-Makowsky (1878- 1967), zeitweilige Gattin des Bildhauers Richard Luksch und vor ihrer Hamburger Zeit erstes weibliches Mitglied der Wiener Sezession. Die Ausstellung wird sich auf ihre Skulptur "Frauenschicksal" konzentrieren, ein dem hohen Jugendstil verpflichtetes Werk, in dem Elena-Luksch-Makowsky ihre Rolle als Mutter, Ehefrau und Künstlerin verarbeitet.

Von den Nazis verfemt, nach Portugal ins Exil gegangen und doch wieder heimgekehrt ist Gretchen Wohlwill. Ihr Werk spiegelt ihre jahrelangen Reiseaktivitäten, die sie unter anderem mit Alma del Banco, einer weiteren Künstlerin der Schau, teilte. Von Wohlwill stammt auch das jüngste Bild: eine Ansicht der neu erbauten Grindel-Hochhäuser, in denen Wohlwill nach ihrer Rückkehr lebte.

In den Katalogen werden neben den Künstlerinnen auch Frauen berücksichtigt, die die Künste und Kultur in Hamburg aktiv begleiteten und förderten.

  • Kunsthalle, Glockengießerwall, bis 20.8., Katalog 19,90 Euro.