Indonesien: “Ein Traum von Bali“

"Wir auf Bali glauben, daß in jedem Stück Holz und Stroh Leben steckt", erklärt Luh Gde Juli W. Biesterfeld. Zusammen mit Dr. Jeanette Kokott, Leiterin der Ozeanienabteilung im Museum für Völkerkunde, hat Biesterfeld die Dauerausstellung "Ein Traum von Bali" konzipiert. Aus besagtem Respekt vor den Materialien, die die Natur hergibt, wird auch das Kernstück der Schau, das Prinzenhaus aus dem 19. Jahrhundert, zur Eröffnung von einem Priester gesegnet.

Nachdem das mit Schnitzereien verzierte Haus - eine Schenkung des Freundeskreises des Museums - von sichtbarem Schmutz befreit worden ist, reinigt der extra aus Bali eingeflogene Geistliche das Kunstwerk rituell: Gebete, Opfergaben und geweihtes Wasser sowie traditionelle Klänge zweier Musiker sollen dem Gebäude die positive Energie zurückgeben, die durch den Bau vernichtet worden ist. Dieses "Pencaruan" genannte Ritual, das Glück verspricht, wird alle zwei bis fünf Jahre wiederholt. "Egal ob Tempel oder Institution - auf Bali wird jedes Haus so purifiziert", erzählt Biesterfeld. "Wir können sonst nicht darin leben, es ist sonst zu unruhig." Publikum ist bei der Zeremonie erwünscht. Denn, so Biesterfeld, auch auf ihrer indonesischen Heimatinsel kämen die Nachbarn hinzu, wenn gute und böse Kräfte harmonisiert werden. "Kinder laufen umher, die Frauen kochen", sagt die Balinesin. Auch Kokott verweist darauf, daß die Menschen auf Bali Alltagskultur und Religion nicht getrennt voneinander praktizieren. Daher sind in der ersten Vitrine der Ausstellung auch Utensilien des täglichen Lebens auf Bali zu sehen: hölzerne Schöpfkellen, geflochtene Reisdämpfer, Palmweinbehälter und Kokosfleischraspel.

Kleine Käfige zeugen von einem Zeitvertreib, der bis in die 60er Jahre bei balinesischen Männern sehr beliebt war: der Grillenkampf. Die auf dem Feld gefangenen Tiere wurden mit Extrakten gepflegt und mit Geckofleisch gefüttert, bevor Wetten auf sie abgeschlossen wurden. Der Kampf der Insekten dauerte dann nur etwa eine Minute.

Die Schau reflektiert ebenfalls, daß der Westen Einzug auf Bali gehalten hat: Schnitzkunst - zum Beispiel Masken - ist im Geschäft mit Touristen eine gute Einnahmequelle.

Welch bedeutende Rolle parallel zu diesen modernen Einflüßen das Familienerbe spielt, ist anhand des "Kris" erkennbar. Dieser reich ornamentierte und mit Edelsteinen geschmückte Dolch ist der kostbarste Besitz eines Balinesen. Mit einem aufwendigen Prozedere muß ein Schmied verschiedene Lagen von Eisen und Stahl zusammenschweißen, so daß an der Klinge eine Damastzeichnung entsteht.

Der "Kris", der von Generation zu Generation weitergereicht wird, symbolisiert nicht nur Autorität, er soll zudem magisch aufgeladen sein. Um diese Eigenschaft nicht zu verlieren, darf der Dolch nicht in die Hände Fremder gelangen.

Auch die unterschiedlichen Arten von Opferungen werden im Museum für Völkerkunde ausführlich vorgestellt. Gaben für höhere Götter zum Beispiel stellen die Balinesen mit größerer Sorgfalt her als die Darreichungen für negative Mächte. Für Tempelfeste richten die Frauen auf "Dulangs" - auf dem Kopf zu tragenden Tabletts - üppige Arrangements aus Früchten, Flechtwerk und Blüten an. Die Gläubigen differenzieren auch danach, ob sie ihrer heiligen Ahnen gedenken oder einer Gottheit für ihre Offenbarungen danken.

Die Gebetstexte werden oft als Lontarschrift festgehalten - ebenso wie Chroniken und Mythen, Regeln für Schattenspieler oder den Hausbau. Angehörige der Brahmanen-Kaste ritzen die Zeichen in die Blätter der Lontarpalme und schwärzen diese mit Ruß, damit die Schrift sichtbar wird. Viel balinesisches Leben, das in einem Stück Holz steckt.

  • Museum für Völkerkunde, Eröffnung der Dauerausstellung 24. 6.