SPD-Parteichef Gabriel auf Wahlkampftour in Lüneburg. Plaudereien mit Bürgern an der Basis - und mit der Partei-Konkurrenz.

Lüneburg. Nichts war es mit Roten Rosen von den Genossen als Willkommensgruß für den SPD-Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel am Wahlkampfstand an der Bäckerstraße. Die Sozialdemokraten mussten den Grünen am Sonnabendmorgen den Vortritt lassen. Ratsherr Ulrich Blanck schenkte Gabriel eine leuchtende Sonnenblume, bevor sich der SPD-Chef den langen Weg zu seinen Parteifreunden bahnen konnte, vorbei an den Wahlkampfständen der anderen Parteien, die die Bäckerstraße wie an einer Perlenkette aufgezogen säumten.

Zwar noch etwas müde wirkend, aber gut gelaunt, präsentierte sich Deutschlands wichtigster Oppositionspolitiker bei seiner Stippvisite in der Fußgängerzone Lüneburgs. Eine Woche vor der Kommunalwahl am kommenden Sonntag, 11. September, warf Gabriel sein bundespolitisches Gewicht und seine Prominenz in die Waagschale, um der hiesigen SPD beim machterhaltenden Stimmenfang zu helfen.

Mit einem hellen Oberhemd, aber ohne die sonst obligatorische Krawatte bei Politikern, und einem dunklen Sakko leger bekleidet, suchte er das Gespräch in der Menge. Politisch waren die Themen selten, er plauderte mit den Leuten und sie mit ihm. Zwischendrin immer wieder ein kleiner Scherz von Gabriel. Etwa als zwei kleine Kinder mit CDU-Luftballons vom Nachbarstand vorbeikamen. "Die armen Kinder, schon in jungen Jahren laufen sie mit den falschen Ballons durch die Stadt", ulkte er. Aber auch er selber wurde genau beäugt. "Der ist ja gar nicht so dick wie er im Fernsehen immer aussieht", sagte eine ältere Dame. "Und groß ist er auch nicht", so ihr Mann.

Bevor er den Kurzaufenthalt am Stand der Parteibasis verließ, bekam der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident noch ein Geschenk mit auf den Weg. Der Rapper Ewane aus Lüneburg überreichte dem Spitzenpolitiker eine eigene CD. Der wiederum war sehr an dem Lebenslauf des 23-Jährigen interessiert. Der junge Mann, der auf dem Ebensberg zu Hause ist, erzählte, dass er in Kamerun geboren wurde, aber schon mit einem Jahr nach Lüneburg gekommen war.

"Ich setze mich für Jugendliche ein und will ihnen ein Vorbild sein, ihnen vermitteln, dass wir stolz sein können, hier zu leben", sagte der Musiker, der in wenigen Tagen eine Ausbildung bei der Polizei in Hamburg beginnt.

Nach dem Handschlag mit Ewane zur Verabschiedung ging es für Gabriel zurück in Richtung Sand. "Eine schöne Stadt", sagte er unterwegs auf seinem Weg zum Clamartpark, um die dort stattfindende Umweltmesse zu besuchen, die der Verein T.U.N. (Technik, Umwelt, Natur) Lüneburg organisiert hatte.

Regionale Aussteller aus den Bereichen Bauen, Bildung, Gesellschaft, Energie, Ernährung, Finanzen, Gesundheit, Wohnen und Mobilität zeigten, wie umweltfreundlich das Leben gestaltet werden kann. Ein wichtiges Thema bei der Messe war die Energiewende. So berichtete Sven Assmuth dem SPD-Bundesvorsitzenden, dass er mit seiner Firma "Carpe Solar" auf einem Wachstumsmarkt seinen Umsatz in vergangenen Jahr um das Vierfache steigerte, auf 30 Millionen Euro. Fotovoltaik- und Kleinwindanlagen sind unter anderem sein Geschäftsfeld. Kunden sind Privathaushalte, Landwirte und Gewerbetreibende, die ihre eigene Energie erzeugen wollen.

Die gemeinsame Klimaschutzleitstelle für Stadt und Landkreis Lüneburg präsentierte sich auch. An ihrem Messestand boten Silke Panebianco und Stefanie Slowek-Klaus von der Leitstelle nicht nur Info-Material rund um die Themen erneuerbare Energien und Klimaschutz an, sondern auch den noch druckfrischen Energiewegweiser für die Bürger.

Sigmar Gabriel traf auch Antje Brodersen und Jutta Eybe vom Verein "Mehr Leben", der sich am vergangenen Wochenende ein Gelände anschaute, auf dem gemeinsam über die Generationen hinweg langfristig bezahlbarer Wohnraum für das Zusammenleben von Jung und Alt geschaffen werden soll in Form einer Genossenschaft. Gabriel war sehr interessiert an dem Thema und erzählte, er habe sich vor etwa 20 Jahren noch als Kommunalpolitiker in Goslar das erste Generationen übergreifende Wohnprojekt Niedersachsens in Bleckede angeschaut, das damals an der Elbe ins Leben gerufen worden war. "Es war dann Vorbild für uns in Goslar."

Bei aller Ernsthaftigkeit zu dem Thema, ließ sich Gabriel ein humorvolles Wortspiel nicht nehmen. Ihm gefalle, dass der Verein "Mehr Leben" eine Genossenschaft gründen will, sagte er. "Dann ist man als Mitglied doch Genosse. Das ist gut, da würde ich glatt mitmachen, denn in einem Wohnprojekt hat man wenigstens Ruhe vor seinen Genossen", so der Parteivorsitzende grinsend.

Seinen Lüneburg-Besuch beendete Gabriel nach einem Plausch mit Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD). Die blumigen Andenken an Lüneburg nahm er mit: rote Rosen von seinen Genossen und die Sonnenblume der Grünen.