Eine Glosse von Daniela Pemöller

Sie gehören zu den 80er-Jahren wie die übergroßen Kitschposter mit karibischen Sonnenuntergang-Motiven, Lacoste und bauchfreie T-Shirts: Aufkleber am Auto.

Egal ob die gelbe Atomkraft-Nein-Danke-Sonne, das rote Herz für Kinder oder die knappe Ansage "Ich brems auch für Tiere". Freie Meinungsäußerung stand früher hoch im Kurs. Kommuniziert wurde über Buttons, Aufnäher an den Jacken und durch Sticker an den Stoßstangen. Von "Rauchen? Find ich beknackt!" über "Erst stirbt der Wald, dann stirbt der Mensch" bis hin zu "Helmut Kohl - Dieser Kanzler schafft Vertrauen" klebten die Deutschen ihre Sichtweisen frei nach Schnauze.

Heute muss man kräftig suchen, um solch klare Worte zu finden. Politische Statements scheinen gänzlich von der Heckpartie verschwunden zu sein. Statt "Arbeitszeit verkürzen heißt Arbeitsplätze schaffen" finden sich massenweise "Kevin an Bord"- oder "Mandy auf Tour"-Sticker an den Stoßstangen.

Das passt perfekt zum Zeitgeist. Wählen ist out. Statt Polit-Beiträge guckt die Masse lieber "Germany's next Topmodel" im Fernsehen. Sie findet es viel interessanter, was sich wer leisten kann. So kleben sie an den Hintern ihres schicken Audis ein Apple-Logo oder die dezenten Säbel der Sylter Sansibar. Dabei benötigen wir klare Worte mehr denn je. Wie wäre zum Beispiel ein Aufkleber mit dem Spruch "Olaf Scholz - Dieser Bürgermeister schafft neuen Wohnraum" oder beispielsweise "Elbphilharmonie - mehr als nur ein Millionengrab".

Das würde mir mehr sagen als ein "Baby an Bord". Was wollen uns denn solche Eltern mitteilen? Dass sie im letzten Jahr mindestens einmal erfolgreich Sex hatten? Oder glauben sie vielleicht ernsthaft, dass durch den Hinweis auf die wertvolle Fracht irgendein Autofahrer hinter ihnen vorsichtiger fahren wird?

Da lob ich mir doch den Humor der Senioren, die angelehnt an "Abi 2011" immer häufiger mit einem "Rente 2011" auf ihrer Mercedes C-Klasse herumkurven. Generell halte ich es mit Aufklebern aber wie mit bedruckten T-Shirts: Eine kluge Message oder ein witziger Spruch ist meist bloß bei der ersten Lektüre lustig, danach wird er lästig. Darum klebt auf meiner Volvo Amazone auch bloß ein Bild von einem heißen Volvo-Mädel in Hotpants. Mehr nicht.