Eine Glosse von Daniela Pemöller

Der Autowelt gehen die Glitzerfarben aus. Grund: Das japanische Werk des Darmstädter Unternehmens Merck, das nur 45 Kilometer vom Katastrophengebiet Fukushima entfernt liegt, steht bis auf weiteres still. Zu stark die Zerstörung. Zu riskant die Radioaktivität. Dieses Werk aber ist das einzige weltweit, in der das sogenannte Effekt-Pigment "Xirallic" produziert wird. Deshalb ist es bei vielen Autoherstellern erst einmal vorbei mit Effekten und ultimativem Glanz.

Fieberhaft wird nach Alternativen gesucht. Dabei tut das doch gar nicht Not. Glamour ist nämlich out. Und matt à la "Amtsstuben-Anthrazit" in. Giorgio Armani hat es vorgemacht. Mit einem Mercedes CLK vor vielen Jahren. Heute sieht man sie an jeder Ecke, solche getarnten Boliden.

Als wir klein waren, spielten mein Kindergartenfreund und ich im Urlaub gerne Kennzeichen-Raten auf der Rückbank von Muttis Auto. Heute sammelt der die meisten Punkte, der schon von Weitem erkennt, ob die Karre vor uns einfach nur schlecht gepflegt ist oder eine schicke Sonderedition. Wie dieser Mercedes-Benz CLS, der Anfang des Jahres im Mattlack auf den Markt kam.

Etwa 500 Euro sollen Smartfahrer dafür zahlen, dass ihr Auto so aussieht wie meins, wenn ich es ein Jahr nicht wasche. Was daran smart ist, wissen andere. Das Matte verleite zu ausgiebigem Streichelkontakt, und die Konturen könnten besser erkannt werden, schwärmen die Fans.

Ich frage mich, wie reagieren die Polizisten im Sultanat Oman auf diesen Trend? Dort müssen Autofahrer tatsächlich fünf bis zehn Rial (umgerechnet 10 bis 20 Euro) Strafe zahlen, wenn sie sich mit einem schmutzigen Fahrzeug erwischen lassen. So will es ein Gesetz von 1973. Sauberes Blech, trotz Wassermangels - eine andere Art von Wahnsinn.

Doch zurück zu den bald nicht mehr erhältlichen Glitzerfarben. Wer heute zum Beispiel einen Pick-up F-150 von Ford in "Tuxedo Schwarz" kaufen will, hat Pech gehabt. Ausverkauft. Auch diverse schillernde Rottöne stehen auf der schwarzen Liste. Mir werden sie fehlen auf den Straßen, die bunten Farbtupfer namens "Galaxie-Blau" und "Kosmisches Türkis". Aber wer weiß: In ist ja eigentlich immer das, was kaum einer hat.

+++ Zum Nachlesen: Das Postskriptum rund ums Auto +++