Eine Glosse von Daniela Pemöller

Volkswagen-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg hat recht, wenn er sagt: "Wer morgen erfolgreich sein will, der muss auch seine Wurzeln kennen." Vielleicht rollte sie deshalb so hartnäckig, die Retro-Welle. Egal ob im Mode- oder im Autobereich.

Als Teenager gierten wir nach den Pettycoats und Bundfaltenhosen der 50er-Jahre. In den 90ern mussten es der Cordsamt und die Schlaghosen aus den 70ern sein. Und nun sind die Röhrenjeans und übergroßen Sonnenbrillen der 80er auch schon wieder out. In der Autobranche läuft es nicht anderes. Mit dem Mazda MX-5, der stark an den Lotus Elan erinnert, fing es 1989 an. Fünf Jahre später stellte VW seine Käfer-Studie vor, die schließlich 1998 auf Basis des Golfs als New Beetle auf den Markt kam. Aber anders als etwa der Fiat 500 oder der Mini von BMW floppte der Retro-Krabbler in Deutschland. Viel zu klobig, so die Kritik.

Nun will VW es besser machen. Zuerst im Herbst mit der zweiten Beetle-Generation. Später soll der Retro-Bulli im Samba-Look folgen. Ich bin gespannt, ob es funktioniert und die Designentwürfe den Nerv der Retro-Jünger treffen. Nostalgiker wollen den Film von früher abspulen, ohne dabei auf die Errungenschaften der Neuzeit zu verzichten.

Meine Freundin, eine eingefleischte Käfer-Fahrerin, bekommt beim Anblick des neuen Beetle aber keinen Flashback, sondern einen Filmriss. Und ihren Freund, einen Bulli-Anbeter, schießt der schlitzäugige Retro-Bus nicht in die Vergangenheit, sondern in ferne Galaxien: "Der sieht ja aus, als sei er auf Mars-Mission."

Auch mir erscheinen diese Entwürfe außerirdisch. Wenn schon Retro, dann optisch möglichst nah am Original. Wie der neue Dodge Challenger. Bei dem erkennt jeder, aus welchem Stall er kommt. Dass es keiner legendären Vorfahren bedarf, beweist der bonbonfarbene Figaro von Nissan. In den 90er-Jahren auf Basis eines Micras gebaut, kommt er wie ein italienisches Sportauto der 50er-Jahre daher.

Ich stehe ohnehin auf Originale. Meine Volvo Amazone holte ich extra in Schweden. Und einen Cocktailsessel würde ich mir nie bei Ikea, sondern lieber von einer alten Omi kaufen.

Doch was ist schon Original? Der Designer der Amazone klaute einst auch bei den Amis und Italienern. Wahrscheinlich sollte ich es wie der Schriftsteller Roberto Calasso halten, der sagt: "Nichts ist, was es zu sein vorgibt. Alles ist schon im Augenblick seines Erscheinens ein Zitat."

+++ Zum Nachlesen: Das Postskriptum rund ums Auto +++