Eine Glosse von Daniela Pemöller

Es könnte auch die Handlung einer herzerweichenden Hollywoodschnulze im Großstadtmilieu sein, was da neulich in einem süddeutschen Boulevardblatt zu lesen war. Die Hauptdarsteller: eine hübsche Unternehmensberaterin und ein Architekt. Beide Mitte 40. Beide auf der Suche. Sie nach ihrem Audi A6 Avant. Er nach dem Besitzer des Autos, das seinen Parkplatz seit fünf Wochen okkupiert. Vordergründig jedenfalls.

In Wirklichkeit, so meine These, suchten beide natürlich nach der ganz großen Liebe, hatten aber auf Parship und analoge Kontaktanzeigen keine Lust. Zugegeben, letzteres entspringt nur meiner frühlingsbedingten, romantischen Fantasie. Aber wie sonst sollte diese irre Geschichte aus München interpretiert werden? Man muss nicht in Eimsbüttel oder Ottensen wohnen, um nachempfinden zu können, dass man den Ort, an dem das Auto abgestellt wurde, schon mal vergisst. Da reicht ein feuchtfröhlicher Tanz in den Mai oder der Hamburger Hafengeburtstag. Aber ein Filmriss über fünf lange Wochen? Irgendwann verfliegt der Rausch ja wohl wieder, und die Sinne kehren zurück.

Nicht so bei Susanne aus Tutzing. Schon höre ich sie, die unverbesserlichen Zungen, die abfällig über den Orientierungssinn der Frau ablästern. Ich hingegen meine: Das ist Taktik. Ausgerechnet eine Unternehmensberaterin verliert nach so wenigen Stunden den Überblick? Eine Frau, die sonst Schicksale ganzer Familien mitbestimmt? Nein, liebe Bayern, das kaufe ich euch nicht ab.

Gleiches gilt für den Architekten Claus, der so wunderbar lässig mit seinem Hemd aus der Hose auf dem Foto posiert. Mal ehrlich: Wer lässt denn einen Fremden fünf (!) Wochen - nicht Tage, nein, Wochen - auf seinem Parkplatz in einer Tiefgarage stehen? Und das in München. Der Stadt mit den höchsten Immobilienpreisen ganz Deutschlands. Hier haben Abschleppunternehmen immer Hochkonjunktur.

Ich komme zu dem Schluss: Es kann sich in dieser Geschichte nur um zwei Schwachköpfe oder Liebestolle handeln. Was wohl fast wieder aufs selbe hinausläuft. Über besagte Zeitung finden die beiden jedenfalls endlich zueinander. Zum ersten Treffen bringt sie eine Flasche Sekt und 100 Euro Finderlohn mit. 100 Euro für einen verlorenen A6 Avant!

Mein lieber Architekt, von dieser Frau würde ich aber die Finger lassen.

+++ Zum Nachlesen: Das Postskriptum rund ums Auto +++