Eine Glosse von Daniela Pemöller

Noch sind sie in der Minderzahl. Die Individuen, die versuchen unser Stadtbild zu verschönern. Nach dem Motto: Frage nicht, was deine Stadt für dich tun kann, sondern was du für deine Stadt tun kannst. Ein Denken, ganz im Sinne des Zeitgeists. Wer schon nicht wählen geht, sollte wenigstens anderweitig Eigeninitiative entwickeln. Die Garten-Guerilla hat es vorgemacht. Klammheimlich und im Nebel der Illegalität bepflanzen sie eigenständig öffentliche Grünflächen. Rund um so manchen Straßenbaum oder in den kleinen Spalt zwischen zwei Gehwegplatten streuen sie Blumensamen und entfalten zur Freude von Anwohnern und Passanten so eine wahre Blütenpracht zwischen all der Tristesse.

Nun gibt es eine ganz neue Masche, Farbe in das fade Großstadt-Grau zu bringen. "Urbanes Stricken" heißt die angesagte Straßenkunst, die Europas Szenemetropolen zurzeit erobert wie die Nerdbrillen der 50er- Jahre. Der Trend kommt, wie könnte es anders sein, aus den USA. Erfunden hat ihn die Texanerin Magda Sayeg. Und ich würde mir wünschen, er schafft es hier zum Durchbruch. Zwar zählt unsere Stadt schon zur grünsten Europas. Doch wir brauchen dringend etwas, das von all den Schlaglöchern und Bröckelpisten ablenkt. Da die Elbphilharmonie wohl noch etwas dauert, halte ich gehäkelte Tulpen und Narzissen auf dem Grünstreifen vom Ring 2 für eine passable Alternative. Besonders, da Hamburg dieses Jahr ja den Titel Umwelthauptstadt Europas trägt. Und was bitte ist denn mehr Öko als Stricken?

Schon sehe ich es vor mir. Laternenpfähle bekommen von den Strick-Guerillakämpfern, wie in Berlin ( www.c-f-t.net ), gepiercte Brüste verpasst. Bäume sogar bunte Stulpen oder Ringelschlangen umgelegt. Und Briefkästen lachende Gesichter aufgesetzt, während Risse in den Hauswänden mit einem Verstrickt-und-zugenäht-Pflaster verarztet werden. Bei all dem bleibt öffentliches Eigentum natürlich unbeschädigt.

Das Bestricken und Umhäkeln unseres ramponierten Stadtbildes erinnert mich zwar ein wenig an die Aufräumarbeiten der Trümmerfrauen nach dem Krieg. Aber irgendwie leben ja auch wir in harten Zeiten. Klamme Kassen gepaart mit Politikern, auf die kein Verlass mehr ist. Da gibt es nur eines: Ärmel hochkrempeln und selber machen. Was unsere Großmütter konnten, schaffen wir auch.

+++ Zum Nachlesen: Das Postskriptum rund ums Auto +++