Eine Glosse von Daniela Pemöller

Als Kind der 70er bin ich aufgewachsen mit Amerika als Supermacht. Amerika war cool. Nicht nur weil Omi das sagte. Sondern weil Superman und Micky Maus da wohnten, der Dollar die Welt regierte und, wenn es nach meinem Großvater ging, dort die Wiege der feinsten Schlitten mit dem fettesten Sound stand. Noch heute ist der Ford Mustang laut aktueller Umfrage auf mobile.de der beliebteste Oldtimer der Deutschen - vor Porsche und Käfer.

Amerika, das ist das Land der Superlative. Nirgendwo sonst gibt es pompösere Popcornportionen oder mächtigere Monstertrucks. Amerika, das ist das Land der Bequemlichkeit. Ökologisches Bewusstsein, was ist das? Hier fährt man zum Nachbarn zwei Häuser weiter mit dem Auto. Egal, ob man etwas essen, heiraten oder eine Beileidsbekundung auf einer Beerdigung machen will - der Ami muss dank zahlreicher Drive-throughs den Wagen nie verlassen. Doch der Stern dieses Amerikas erlischt langsam.

Das erste Kerzenflackern brachte die Meldung, Superman wolle kein amerikanischer Staatsbürger mehr sein. Bedenklich, aber nicht bedrohlich. Dann hieß es, der Dollar drohe, seinen Ruf als Leitwährung zu verlieren. Und jüngst ratterte ein Satz über den Newsticker, der erheblich an den tragenden Säulen der Supermacht rütteln muss: US-Amerikaner wenden sich von Spritschluckern ab. Das klingt für mich Küchenpsychologin doch verdammt nach Sinnkrise mit einer Prise mangelndem Selbstwertgefühl.

Noch vor wenigen Jahren kurvte ich zwecks Feldforschung mit einem aus Deutschland importierten, sparsamen Smart durch Los Angeles. Ich erntete nur mitleidiges Kopfschütteln und Kommentare wie "Süß, ein Rucksack auf Rädern". Der Winzling war für den selbstbewussten Ami kein vollwertiges Auto. Und plötzlich kauft genau dieser Ami lieber Mini statt Riesen-Van? Tauscht sein legendäres New Yorker Yellow Cab, das unverwüstliche 240-PS-Taxi von Ford samt blubberndem V8-Motor, gegen Nissans Modell NV 200. Dieser Wagen ist so sexy wie eine Nacktschnecke. Nein. Amerika hat abgedankt.

Die Trendsetter leben heute in Berlin. Zwei von ihnen wollen elektrische Rikschas als Taxis auf die Straßen schicken, scheitern aber noch an der deutschen Bürokratie. Einer der beiden ist übrigens Amerikaner.

+++ Zum Nachlesen: Das Postskriptum rund ums Auto +++