Eine Glosse von Daniela Pemöller

Dicke Menschen kämpfen nicht nur mit ihren Kilos, sondern oft auch mit dem Autogurt. Das ergab eine Studie der Universität Toledo im amerikanischen Ohio. Rund 30 Prozent der extrem Übergewichtigen schnallen sich beim Fahren nicht an. Bei den extrem Fettleibigen sind es sogar 55 Prozent. Zum ersten Mal in meinem Leben kann ich das gut nachvollziehen. Seit geraumer Zeit schleppe ich einen mittlerweile zu 104 Zentimeter Durchmesser herangezüchteten Medizinball mit mir herum. Tendenz: immer noch steigend.

Da zerrt man den Gurt bis zum Anschlag, und trotzdem zwickt und zwackt es überall. Jede Handlung wird zum Kraftakt: Das Parkhausticket ziehen, der Schulterblick, das Rückwärts-Einparken - in meiner Volvo Amazone ohne Servolenkung gleicht gerade Letzteres einer Power-Session in der Muckibude. Auch wenn es politisch nicht korrekt ist, der Gedanke "muss der blöde Gurt denn wirklich sein?" kann einem da schon mal durch den Kopf huschen. Schließlich möchte ich ein Platzen der Fruchtblase auf den roten Kunstledersitzen meines Schweden möglichst vermeiden.

Darum muss nun meist mein Liebster hinters Steuer. Der arme Kerl! Ständig ermahne ich ihn zur Vorsicht. Zwei rote Lichter in fünf Kilometer Entfernung lassen bei mir alle Alarmsirenen läuten. Gleiches passiert bei einem Fahrbahnwechsel von einem Fahrzeug zehn Autolängen vor uns. Auch beim Parken weiß ich ständig, wie es besser geht. Ob der Schwangerschafts-Bonus dieses anstrengende Verhalten noch lange entschuldigt, weiß ich nicht. Doch ich fühle mich ausgeliefert. Einerseits den Hormonen, andererseits meinem Bauchumfang. Es fehlen nur 56 Zentimeter, dann hat er meine Körpergröße erreicht. Die Bezeichnung unverhältnismäßig wäre da wohl noch höflich gewählt.

Ich stoße wortwörtlich an meine Grenzen: Entweder streichelt meine Plauze beim Autofahren das filigrane Bakelitlenkrad meines schönen Schweden, was auf Dauer hässliche Streifen hinterlassen würde. Oder ich halte den nötigen Abstand zum Steuer, drohe aber ständig, mit meinen Füßen von den Pedalen zu rutschen. Ja, Marius Müller-Westernhagen hatte recht, als er sang "Dicksein ist 'ne Quälerei". Mein einziger Trost: Es geht ja wieder vorbei. Also, halt durch Schatz!

+++ Zum Nachlesen: Das Postskriptum rund ums Auto +++