Eine Glosse von Daniela Pemöller

Von wegen, das Auto verliert immer mehr an Bedeutung. In Saudi-Arabien scheint es gerade eine kleine Revolution ins Rollen zu bringen. Dass Frauen dort nicht viel zu melden haben, ist hinlänglich bekannt. Sie dürfen kein Konto eröffnen, nicht wählen gehen, und es ist ihnen verboten, Auto zu fahren. Gerade gegen Letzteres wehren sich die Damen aber immer mehr. Denn das Fahrverbot ist kein Gesetz, sondern eine Fatwa (ein islamisches Gebot), die es verbietet, ohne ein männliches Familienmitglied aus dem Haus zu gehen.

Um zur Arbeit oder Uni zu kommen, sind saudische Frauen somit auf ihren Gatten, Bruder oder Cousin angewiesen. Dumm nur, wenn die Herren ihre Handys nicht hören und das Schwesterchen, die Cousine oder Angetraute wie Freiwild auf der Straße stehen muss. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es im Wüstenstaat nicht. Fahrradfahren oder auf der Straße laufen ist ebenfalls tabu (siehe oben). Und auch ein Taxi kann Frau nicht mal eben heranwinken. Manche Erwerbstätige, so liest man, opfern deshalb knapp zwei Drittel ihres Gehalts, um einen eigenen Chauffeur einzustellen. Das kann sich aber nicht jede leisten. Auto fahren sei ein Grundbedürfnis, sagen sie daher. Und lassen die Argumente der Gegner, die das Auto als verteufeltes Flirtmobil darstellen, das es ihnen ermöglicht, heimlich andere Männer zu treffen, nicht gelten.

Seit einigen Wochen läuft nun eine Kampagne des zivilen Ungehorsams. Über Twitter und die Facebook-Seite "Women 2drive" fordern sie ihre Schwestern auf, sich am 17. Juni hinters Steuer zu klemmen und Gas zu geben. Das ist nicht ganz ungefährlich. Frauen, die das in der Vergangenheit versuchten, landeten meist im Gefängnis (und zwar nicht wegen ihrer Fahrkünste), wurden als Hure beschimpft oder bekamen sogar Morddrohungen, während ihre Männer gleichzeitig ihren Job verloren.

Wie bedroht sich Tausende Saudis von diesem Aufruf fühlen, zeigt die Facebook-Seite für die "Kampagne des Ikal". Sie fordert die Männer auf, Auto fahrende Frauen mit einer Kordel zu schlagen. König Abdullah gibt sich in der Angelegenheit ganz aufgeklärt und souverän: Das Problem sei kein politisches oder religiöses, sondern ein gesellschaftliches. Und: Er werde tun, was das Volk will.

Ich sage, wenn das Volk am 17. Juni den Frauen kein Fahrrecht eingestehen will, lieber Abdullah, halte dich an Brecht: Löse das Volk auf und wähle ein anderes.

+++ Zum Nachlesen: Das Postskriptum rund ums Auto +++