Thalia-Theater-Regisseurin Jorinde Dröse (31) über ihre Mutter Ruth Dröse (58), Malerin:

Meine Mutter ist eine junge Mutter. Noch während des Studiums wurde sie mit meinem Bruder schwanger. Drei Jahre später kam ich, da war sie 27 Jahre. Mein Vater hat das Geld verdient, meine Mutter war für uns da, hat in der übrigen Zeit halbtags gearbeitet, sich politisch und sozial engagiert. Sie wollte alles, und zwar sofort! Sie wollte sich selbst verwirklichen als Mutter und als Frau. Und ich kann mich nicht beklagen. Außer, dass es mittags manchmal nur aufgewärmte Tiefkühlkost gab, wurde mir sehr früh schon feministische und kommunistische Bildung mitgegeben, und ich war einfach viel mit ihr unterwegs. Ich habe meine Mutter nicht als gestresst oder zwischen Beruf und Kindern zerrissen empfunden, eher im Gegenteil: Dadurch, dass sie als Mutter nicht permanent verfügbar war, hat sie dann die Zeit mit uns Kindern wieder genossen. Schwierig war für meine Mutter eher der Moment, als wir Kinder aus dem Haus gegangen sind. Damals hat sie die Mutterrolle abgestreift, einen neuen Beruf ergriffen, ist nach Amerika ausgewandert und hat sich neu erfunden. Meine Mutter wird sie natürlich immer bleiben. Aber meine Kinder werden ohne Großeltern in der Nähe, die einspringen, wenn es zeitlich und mental eng wird, ganz anders aufwachsen.