Rechte und Pflichten: Rund 150 Anfragen von Azubis bekommen die Kammern täglich. Die häufigsten Fragen und Antworten auf einen Blick.

1. Wann muss die Ausbildungsvergütung spätestens gezahlt werden?

Die Ausbildungsvergütung für den laufenden Kalendermonat muss spätestens am letzten Arbeitstag des Monats gezahlt werden.

2. Wie und wann kann ich meine Ausbildungszeit verkürzen?

Man kann die Lehrzeit vor Beginn der Ausbildung und währenddessen verkürzen. Wer einen bei der Handelskammer eingetragenen Vertrag hat, kann vor Beginn verkürzen, wenn Abitur, Fachhochschulereife oder der Realschulabschluss vorliegen. Auch wenn der Azubi älter als 21 Jahre ist, kann die Lehrzeit von vornherein um maximal ein Jahr verkürzt werden. Wenn jemand die höhere Handelsschule erfolgreich absolviert hat und danach in einem kaufmännischen Beruf gearbeitet hat, kann er oder sie eine kaufmännische Lehre um maximal ein Jahr verkürzen.

Im Handwerk kann die Lehrzeit vor Antritt um maximal ein halbes Jahr verkürzt werden, wenn Abitur oder Fachhochschulreife vorliegen oder das 21. Lebensjahr erreicht ist.

Während der Lehrzeit kann die Ausbildung auf Antrag bei Handelskammer oder Handwerkskammer verkürzt werden. Voraussetzung sind gute Leistungen in Theorie und Praxis.

3. Können Überstunden ausbezahlt werden?

Grundsätzlich ja. Der Ausgleich erfolgt in Freizeit oder in finanzieller Vergütung. Wie der Ausgleich geregelt wird, ist vom jeweiligen Tarifvertrag oder der betrieblichen Vereinbarung abhängig. Ob finanziell oder in Freizeit vergütet wird, ist frei aushandelbar, kann aber auch in der betrieblichen Vereinbarung festgelegt sein, die in der Regel zusammen mit dem Ausbildungsvertrag ausgehändigt wird.

4. Übernimmt der Ausbildungsbetrieb die Fahrtkosten? Wie erhalte ich eine günstige HVV-Karte?

Das entscheidet jedes Unternehmen individuell. Manche zahlen nichts dazu, manche zahlen anteilig. Eine vergünstigte HVV-Karte erhält man mit einem Berechtigungsschein. Wer einen Ausbildungsvertrag der Handelskammer oder Handwerkskammer bekommt, erhält den Schein automatisch per Post.

5. Habe ich Anspruch auf Weihnachts- und Urlaubsgeld? In welcher Höhe wird es gezahlt?

Grundsätzlich nur dann, wenn es tariflich festgelegt ist und der eigene Betrieb tarifgebunden ist. Wenn es lediglich eine betriebliche Vereinbarung gibt, gilt das Gleichbehandlungsgebot. Das heißt, wenn alle Angestellten Weihnachts- und Urlaubsgeld erhalten, gilt das auch für die Lehrlinge. Über die Höhe der Zahlung entscheidet die Geschäftsführung, denn sie ist nicht festgelegt.

6. Wie muss ich das Berichtsheft führen?

Das Berichtsheft sollte von Beginn an regelmäßig geführt werden, sollte leserlich sein und regelmäßig vom Ausbilder abgezeichnet werden. Vordrucke können im Papierwaren-Fachhandel oder im Handwerk über die zuständige Innung gekauft werden. Bezahlt wird das Heft vom Unternehmen.

7. Mein Betrieb hat Insolvenz angemeldet. Wie kann ich meine Ausbildung fortsetzen?

Nicht jede Insolvenz bedeutet, dass die Firma tatsächlich und sofort aufgelöst wird. Oft kann die Ausbildung noch beendet werden. Wird die Firma allerdings nicht gerettet, sollte man sich möglichst bald um einen neuen Ausbildungsplatz bemühen. Davon sollte man seinen Ausbilder unterrichten, denn häufig unterstützt dieser die Suche. Parallel sollte man sich mit der Agentur für Arbeit in Verbindung setzen, damit bei Wegfall der Ausbildungsvergütung die Kranken- und Rentenversicherung aufrecht erhalten und gegebenenfalls auch das Arbeitslosengeld gezahlt wird. Wichtig ist auch, sich mit der Berufsschule in Verbindung zu setzen. Während des Insolvenzverfahrens besteht in der Regel ein Anrecht auf Schulbesuch.

8. Kann mein Betrieb mir wegen schlechter Auftragslage kündigen?

Nein, allein wegen schlechter Auftragslage ist das nicht möglich. Nur dann, wenn die betriebliche Struktur sich auf Grund der schlechten Auftragslage so verändert, dass die Ausbildung nicht mehr fortgesetzt werden kann, ist die Kündigung möglich. Das heißt, wenn die Rahmenbedingungen sich so verändern, dass der Azubi nicht mehr ausgebildet werden kann.

9. Gibt es Sonderurlaub für die Prüfungsvorbereitung?

Hier gibt es eine Unterscheidung zwischen Jugendlichen unter und über 18 Jahren. Der Arbeitgeber muss Jugendlichen unter 18 Jahren an dem Arbeitstag unmittelbar vor der schriftlichen Abschlussprüfung einen Tag frei geben. Für Erwachsene über 18 Jahre gilt dies nicht.

10. Wer übernimmt im Handwerk die Kosten für Zwischen- und Gesellenprüfung?

Die Prüfungsgebühren und alle für die Prüfung erforderlichen Werkzeuge und Materialien zahlt der Ausbildungsbetrieb oder stellt sie leihweise zur Verfügung.

11. Ich habe die Abschlussprüfung nicht bestanden. Wie oft kann ich wiederholen? Muss ich in der Verlängerungszeit zur Berufsschule?

Die Prüfung kann zweimal wiederholt werden. In der Verlängerungszeit geht der Prüfling zur Berufsschule wie sonst auch.

12. Ich habe meine Abschlussprüfung mit der Note "sehr gut" bestanden und bin in das Programm "Begabtenförderung" aufgenommen worden. Was bietet das Programm?

Es werden fachbezogene und berufsübergreifende Weiterbildungsmaßnahmen gefördert, zum Beispiel Meistervorbereitungslehrgänge, Sprach- und Computerkurse, betriebswirtschaftliche Kurse, Rhetorik- und Management-Seminare. Das Fördergeld beträgt 5400 Euro für drei Jahre. Pro Jahr werden maximal 1800 Euro ausgezahlt.

Die Handwerkskammer informiert unter Tel. 359 05-261, die Handelskammer unter Tel. 361 38-260.

Fragen und Antworten von der Handels- und Handwerkskammer, aufgezeichnet von Corinna Cohen-Cossen