Praxis ist wichtiger als Theorie. Neuordnung in vielen Ausbildungsberufen.

Handelskammern und Wirtschaft setzen sich seit Jahren für Reformen in der Ausbildung ein. Dazu zählt auch die Einführung der so genannten theoriegeminderten Berufe. Dabei handelt es sich um eine vereinfachte Ausbildungsvariante, bei denen Jugendliche schneller und mit weniger Theorie ans Ziel kommen können.

In der Praxis bedeutet das: Die Ausbildungszeit beträgt teilweise zwei statt der üblichen drei Jahre. So benötigen Verkäufer, Fachkräfte im Gastgewerbe oder Handelsfachpacker zwei Jahre für ihren Abschluss. Auch die komplexen theoretischen Inhalte an den Berufsschulen wurden reduziert und aktuellen Anforderungen angepasst. So braucht ein Auszubildender als Fachkraft im Gastgewerbe beispielsweise kein Französisch zu lernen. Aber er muss wissen, welche Hygienevorschriften in Küchen eingehalten werden müssen, worauf es bei der Zubereitung von Speisen ankommt und was beim Einkauf zu beachten ist.

Wenn der angestrebte Abschluss nach zwei Jahren erreicht ist, können sich die Jugendlichen mit einer einjährigen Zusatzausbildung zu Einzelhandelskaufleuten, Köchen oder zu Fachkräften für Lagerwirtschaft weiter qualifizieren.

Eine umfassende Liste von theoriegeminderten Versionen bestehender Ausbildungsberufe sowie von Berufen mit weniger theoretischen Anforderungen liegt derzeit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit zur Freigabe vor. Darauf finden sich Berufe wie Servicefahrer, Dienstleistungsfachkräfte im Sonnenstudio oder Fahrradmonteure. Experten gehen davon aus, dass ein großer Teil noch in diesem Jahr frei gegeben wird.

Dr. Uwe Samuels, Geschäftsführer Berufsbildung der Handelskammer, sieht zwei Vorteile der Neuordnung: "Die Betriebe können für ihre unterschiedlichen Bereiche geeignete Fachkräfte einstellen. Und die Schulabgänger erhalten eine begabungsgerechte Einstiegschance in die Berufswelt."

Rosemarie Röpke, Filialleiterin von Schlemmermeyer im Elbe-Einkaufszentrum, findet die Regelung optimal: "Für den Beruf des Verkäufers sind zwei Jahre Ausbildung absolut ausreichend. Wer Gefallen am Beruf findet, kann dann immer noch weitermachen." Auch Dirk Staub, Ausbildungsleiter beim Stahlhandel Salzgitter, ist von der neuen Ausbildung angetan: "Es ist immer schade, wenn junge Leute ihre Ausbildung abbrechen. Wenn sie nur zwei Jahre lernen müssen, springen bestimmt nicht mehr so viele ab."