Müntefering: Aber “definitiv“ keine Zusammenarbeit mit Lafontaine-Partei im Bund. Jetzt Aufholjagd auf die Union.

Berlin. Sie tagten und tagten und tagten: Mehrfach wurde die Pressekonferenz im Anschluss der SPD-Präsidiumssitzung verschoben, ehe Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering um 16.45 Uhr Seite an Seite vor die Journalistenschar traten. Bester Laune verkündete der Außenminister: "Ich freue mich, dass Franz Müntefering wieder bei uns ist." Man habe vereinbart, am 18. Oktober in Berlin einen Sonderparteitag zu veranstalten, auf dem der frühere Vizekanzler wieder zum Parteivorsitzenden gewählt werden soll. Die Nominierung war im Präsidium mit einer Gegenstimme und fünf Enthaltungen erfolgt. "Das macht deutlich, dass die Partei über solche Situationen nicht fühllos hinweggeht", so Müntefering. Einstimmig, so betonte Steinmeier, sei vom Präsidium hingegen begrüßt worden, dass er Kanzlerkandidat werde. Den Schritt habe er sich gut überlegt: "Ich weiß, was auf mich zukommt." Nun komme es darauf an, dass die SPD geschlossen die Aufholjagd auf die Union beginne.

Natürlich durfte bei der Antrittsrede des Interims-Parteichefs ein Dank an seinen Vorgänger Kurt Beck nicht fehlen: Er habe viel dafür getan, die SPD programmatisch voranzubringen. Am Donnerstag vergangener Woche sei verabredet worden, dass Beck als Parteichef, Steinmeier als Kanzlerkandidat und Müntefering als Unterstützer in den Wahlkampf ziehen wollten. "Ich bedauere, dass es bei dieser Verabredung nicht geblieben ist", sagte Steinmeier. Müntefering betonte, er suche den Kontakt zu Beck: "Ich hoffe, dass wir uns bald aussprechen können."

Seine Rückkehr versetzte Müntefering, der von März 2004 bis November 2005 Parteivorsitzender war, in Hochstimmung: "Ich freue mich, wieder hier zu stehen im Willy-Brandt-Haus." Dass er den Parteivorsitz zum zweiten Mal übernehmen soll, davon wisse er seit Sonntag um 12.40 Uhr. "Seit gestern 12.50 Uhr gab's die Zusage an Steinmeier, dass ich es mache." Er lobte den Kanzlerkandidaten: "Ich bin sicher, er kann das, er wird das gut machen, nicht nur die Kandidatur, sondern auch den Job."

Das neue Spitzenduo kündigte an, im Umgang mit der Linkspartei keinen Wechsel zu planen. Eine Zusammenarbeit auf Bundesebene gebe es "definitiv" nicht, so Müntefering. Zur anstehenden Regierungsbildung von Andrea Ypsilanti mithilfe der Linken sagte Steinmeier, die hessische SPD trage die Verantwortung. Müntefering gab sich überzeugt: "Das, was in Hessen passiert, wird die Bundestagswahl nicht entscheiden."

Mit weiteren Personalüberraschungen will die SPD nicht aufwarten. Weder im Kabinett noch in der Parteispitze seien Änderungen geplant. Zuvor hatten Gerüchte die Runde gemacht, Generalsekretär Hubertus Heil könnte seinen Posten verlieren. Nun will Müntefering die Partei nach vorne bringen: "Ich bin sicher, dass wir einen guten Wahlkampf hinlegen werden, da wird sich noch mancher wundern."

Bisher wunderte sich nur Angela Merkel (CDU): Die Umstände von Becks Rücktritt entsprächen nicht "der Würde einer Volkspartei", kritisierte die Bundeskanzlerin.