Gerhard Schröder: Kanzler plant angeblich eine “Familienpause“. Viele in der SPD können sich nicht vorstellen, wie der Machtmensch aus Hannover das aushalten soll.

Nicht alles anders, aber vieles besser machen wollte Gerhard Schröder, als er am 27. Oktober 1998 nach 16 Jahren Helmut Kohl zum siebten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt wurde. Versprochen hatte der erste Regierungschef einer rot-grünen Koalition im Wahlkampf viel. Eine seiner Hauptbotschaften war, die Zahl der Arbeitslosen bis zum Jahr 2002 auf unter 3,5 Millionen senken zu wollen. Doch in den darauffolgenden Monaten machte der frühere niedersächsische Ministerpräsident zunächst als "Spaß-" und "Luxuskanzler" auf sich aufmerksam. Er geriet wegen Fotos in die Kritik, auf denen er sich in edlen Anzügen und mit teuren Zigarren in Szene setzte.

Seine Regierung tat sich mit ihren ersten innenpolitischen Reformvorhaben oft schwer. Die Neuregelung von 630-Mark-Jobs war ebenso umstritten wie die Staatsbürgerrechtsreform. Fest verbunden mit Schröders erster Amtszeit sind die Verabschiedung des Gesetzes zur "Homo-Ehe" und der Atomausstieg. In Sachen Wirtschaftsentwicklung setzte der Kanzler auf eine "Politik der ruhigen Hand".

Zur Zerreißprobe seiner rot-grünen Koalition geriet die Entscheidung über den Anti-Terror-Einsatz der Bundeswehr am 16. November 2001: Schröder mußte die Abstimmung mit der Vertrauensfrage verbinden, um sie nicht zu verlieren.

Die Zustimmung zu seiner Politik sank in der Folgezeit, ein neuerlicher Wahlsieg galt als unwahrscheinlich. Dennoch gewann Schröder am 22. Oktober 2002 mit knappem Vorsprung für die SPD die Bundestagswahl, nachdem er das Meinungsklima durch sein beherztes Auftreten bei der Flutkatastrophe in Ostdeutschland und ein striktes Nein zum Irak-Krieg noch einmal gedreht hatte. Auf weitaus weniger Begeisterung in der Bevölkerung und der eigenen Partei stießen Schröders mit der "Agenda 2010" eingeleiteten Reformen zur Verbesserung der Situation auf dem Arbeitsmarkt und zum Erhalt der sozialen Sicherungssysteme. Mehrfach mußte er seinen Leuten mit Rücktritt drohen, ein "Machtwort" jagte das andere.

Nach einer Serie von verheerenden Wahlniederlagen in den Ländern sah Schröder keinen ausreichenden Rückhalt in seiner Fraktion mehr und führte Neuwahlen herbei - der Versuch einer Flucht nach vorn. Trotz dieser schwierigen Konstellation präsentierte sich der Kanzler in der Wahlschlacht in Hochform. Und verlor deutlich weniger als erwartet. Niemals zuvor, so meinten Beobachter, sei er seiner Partei so nahe gewesen wie in diesen Wochen.

Trotzdem stehen die Zeichen nun auf Abschied. In eine Regierung unter Angela Merkel will Schröder nicht eintreten. Eine Rückkehr Schröders an die Parteispitze gilt nach seinem emotionsgeladenen Rücktritt aus dem Amt 2004 als unwahrscheinlich.

Der Machtmensch Schröder nun als Ruheständler im hannoverschen Reihenhaus? Viele in der SPD können sich nicht vorstellen, wie er das aushalten soll. Und auch nicht, wie die Partei diesen Verlust verkraften kann. Denn es mangelt der SPD an prominentem Personal - und Franz Münteferings Beliebtheit ist unter den Genossen größer als im Land. Doch die letzten Jahre sind nicht spurlos an dem 61jährigen Schröder vorbeigegangen. Aus vielen Äußerungen hören Getreue heraus, daß seine Frau Doris und die beiden Adoptivtöchter für ihn zunehmend ins Zentrum rücken. Zumindest eine längere "Familienpause" gilt als ausgemacht.

Angeblich ist ihm aber auch ein Posten beim russischen Gaskonzern Gasprom angeboten worden. Erst am vergangenen Freitag habe er bei seinem Besuch in Petersburg mit Präsident Wladimir Putin darüber gesprochen, wird in russischen Medien kolportiert. Gerüchten, er wolle nach seinem Abschied aus dem Amt noch mal in der Wirtschaft Kasse machen, hat Schröder aber immer dementiert.

So ist es wahrscheinlicher, daß ihm Gastprofessuren angedient werden, daß er auf Vortragsreisen geht, Bücher schreibt, beratend Politik betreibt - ähnlich wie seine Amtsvorgänger. Die Basis dafür ist vorhanden: Als Altkanzler hat er Anspruch auf ein Büro im Bundestag.