Opposition: Erste Kritik

BERLIN. Nach der Einigung zwischen Union und SPD, Koalitionsgespräche aufzunehmen, stellen FDP, Linkspartei und Grüne sich auf eine harte Opposition ein.

Bei der Wahl zur ersten Kanzlerin Deutschlands kann die CDU-Vorsitzende Angela Merkel nicht mit den Stimmen der Liberalen rechnen. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte gestern, seine Partei sei mit der Einigung zwischen Union und SPD "ab heute Opposition" und nicht "das Reserverad der großen Koalition". Die FDP als stärkste Oppositionspartei werde eine harte Opposition sein, die sich über die Beteiligung an fünf Landesregierungen im Bundesrat bemerkbar machen werde. Westerwelle übte heftige Kritik an den bisher bekanntgewordenen Grundzügen der Einigung. Sie seien "kein großer Wurf". Er habe nicht erwartet, daß die Union als "Eintrittspreis" für das Kanzleramt die "wesentlichen Bestandteile eines Politikwechsels" aufgeben werde. Koalitionen seien generell kaum Liebes-, eher Vernunftehen, aber die große Koalition sei eine Zwangsehe. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle sagte, er gebe dem Bündnis aus Union und SPD keine zwei Jahre. Er fügte hinzu: "Die beiden Wahlverlierer werden ein Kartell der Macht bilden und einen programmierten Problemstau haben."

Die Grünen kritisieren vor allem das "Postengezerre" und "Personalgezocke" von SPD und Union. Das sei ein schlechter Start in die Koalitionsverhandlungen, sagte Grünen-Chef Reinhardt Bütikofer. Er kündigte an, daß auch die Grünen "sehr schnell eine bissige und angriffige Opposition"sein werden.

Die Linkspartei erwartet von der voraussichtlich ersten Bundeskanzlerin keine wesentliche Änderung der Politik. Linkspartei-Chef Lothar Bisky sagte: "Es wird nur ein Frisurwechsel im Kanzleramt." Mit Angela Merkel als erster ostdeutscher Frau in diesem Spitzenamt "hätte eine Zäsur in der deutschen Geschichte stehen können, wenn sie für eine Politik der Geschlechtergleichstellung und eine Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West" einträte, sagte er. Auch die Linkspartei prophezeit, daß die große Koalition keine Legislaturperiode halten werde. Bisky zeigte sich außerdem erstaunt, daß die Grünen die "Oppositions-Führerrolle für sich beanspruchen". Die Grünen sind die kleinste Partei im neuen Bundestag.