Verwüstet: Allein in Aceh kamen 100 000 Menschen um. 50 internationale Hilfsorganisationen sind vor Ort.

Banda Aceh. Hubschrauber knattern über der Stadt, Lastwagen schaffen Nahrungsmittel, Medikamente und eine Wasseraufbereitungsanlage heran, die erstmals seit Tagen wieder trinkbares Wasser liefert: In Banda Aceh, der von der Tsunami-Katastrophe fast völlig verwüsteten Hauptstadt der Provinz Aceh im Norden der indonesischen Insel Sumatra, hat eine internationale Hilfsaktion historischen Ausmaßes begonnen. Hier liegt ein Schwerpunkt der Bemühungen.

"Alle großen Uno-Organisationen sind inzwischen hier in Aceh präsent", sagt der Uno-Koordinator für die internationale Hilfe, Michael Elmquist. Noch niemals in der Geschichte sei Hilfe so schnell und so massiv in ein Land geströmt wie in den letzten Tagen nach Indonesien.

Mittlerweile versuchen mehr als 50 ausländische nichtstaatliche Organisationen den Bewohnern jener Provinz zu helfen, in der möglicherweise mehr als 100 000 Menschen ums Leben gekommen sind. Mehr als 270 000 obdachlos gewordene Flutopfer leben dort in provisorischen Auffanglagern.

So warteten gestern auf dem Militärflughafen von Banda Aceh Ärzte und andere Helfer der französischen und südafrikanischen Gruppen "Medecins du monde" und "Global Relief" auf einen freien Platz in einem der amerikanischen Militärhubschrauber, die sie in die verwüstete Küstenstadt Meulaboh bringen sollten.

Die US-Maschinen sind auf dem Flugzeugträger "Abraham Lincoln" stationiert, der vor die Küste Sumatras beordert wurde. Sie schaffen seit zwei Tagen Hilfsgüter in abgeschnittene Dörfer an der Küste, wo Zehntausende ums Leben gekommen sind. Der Ort ist wie alle Siedlungen in diesem Abschnitt der Westküste mit dem Auto nicht erreichbar, da die Flutwellen die einzige Überlandstraße weggerissen haben. Viele Ortschaften sind dem Erdboden gleichgemacht, Zehntausende wurden von den Flutwellen ins Meer gerissen. Die indonesische Regierung erwägt offenbar, einige Städte wie Calang gar nicht wieder aufzubauen.

Pausenlos karren die US-Hubschrauber Hilfsgüter nach Aceh und bringen Verletzte in Lazarette. Als Kommandant des gewaltigen Kriegsschiffs dürfte Konteradmiral Doug Crowder schon einiges gesehen haben, doch so etwas wie die Zerstörung von Aceh, wo von Städten nur noch Halden aus unendlichen Bretterhügeln und Schutt blieben, nimmt auch ihm den Atem. "Es ist einfach unfaßbar", berichtet er. "In einigen Gegenden sind nur noch Fundamente von ein paar Häusern übriggeblieben." Soldaten laden Verletzte aus einer US-Militärmaschine aus. Eine Frau hat ein gebrochenes Bein; der zerfetzte Knochen ragt heraus. Eine typische Verletzung der vielen Tsunami-Opfer. Auch eine Vorausdelegation der Bundeswehr traf gestern früh in Banda Aceh ein. Man überlege, den bereits in Marsch gesetzten 18 600 Tonnen verdrängenden Einsatzgruppenversorger "Berlin" mit zwei Operationssälen und 45 Krankenbetten vor Banda Aceh zu legen, berichtet Oberstarzt Jürgen Canders.

Auch das Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst der Bundeswehr ist startklar für Banda Aceh. Ein Vorauskommando sei vor Ort, sagte der stellvertretende Kommandeur, Generalstabsarzt Hartmut Siebertz, im ostfriesischen Varel. Insgesamt stünden für den Einsatz rund 120 Soldaten bereit. Sie sollen ein Feldlazarett aufbauen.

Das Greenpeace-Schiff "Rainbow Warrior" ist ebenfalls unterwegs und soll Ärzte und Helfer der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" in abgelegene Gebiete Sumatras bringen. Das Schiff soll die Westküste entlangfahren; durch den Einsatz von seetüchtigen Schlauchbooten sollen dann auch bislang unzugängliche Gebiete erreicht werden.

Doch trotz aller internationalen Anstrengungen sind viele Helfer in der Krisenregion überfordert, da es vielerorts auf Grund der zerstörten Infrastruktur nicht nur logistische Probleme gibt, sondern es auch an einer effektiven Koordinierung fehlt. So sind einige Orte in Sri Lanka bereits überversorgt, während andere nicht einmal über das Nötigste verfügen. Insgesamt sind nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO noch rund fünf Millionen Menschen in der betroffenen Weltregion von lebensnotwendiger Hilfe abgeschnitten. Viele einheimische Ärzte wurden selber von den Tsunamis getötet.