Lungenseuche: Laut WHO ist der Höhepunkt der Epidemie noch nicht erreicht.

Berlin/Hongkong. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen der lebensgefährlichen Lungenseuche SARS (Schweres akutes Atemwegssyndrom) eine Reisewarnung für Hongkong und die südchinesische Provinz Guangdong ausgesprochen. Weltweit sieht die WHO den Höhepunkt der Epidemie noch nicht erreicht. Die Zahl der gemeldeten Fälle ist gestern stark gestiegen, weil China erstmals ein größeres Ausmaß der Lungenkrankheit enthüllt hat. Das war bisher schon vermutet worden. Bisher sind weltweit 2223 Fälle und 78 Tote registriert worden. Außer Peking und Guangdong sind in China weitere vier Provinzen betroffen. So gibt es auch in Schanghai einen Patienten. Nach WHO-Angaben wurden in dem Land 1190 Kranke und 46 Tote bestätigt. Geschäftsleute und Touristen sollten ihre Reisen in den Süden Chinas besser verschieben, erklärte WHO-Experte David Heymann in Genf. Nicht betroffen von der Empfehlung sind andere asiatische Ziele wie Peking, Hanoi, Singapur und Bangkok. Laut WHO sei die Krankheit in Vietnam unter Kontrolle. Das gelte weitgehend auch für Singapur und Kanada. Zahlreiche deutsche Firmen haben inzwischen Geschäftsreisen nach Südostasien gestrichen, unter ihnen die Deutsche Post. Mehrere Airlines annullierten wegen zunehmender Stornierungen Flüge in die betroffenen Gebiete. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale Berlin haben Touristen gute Chancen auf Kostenerstattung, wenn sie Reisen nach Hongkong, Südchina, Singapur oder Ost-Kanada absagen wollen. Bei Europas größtem Pauschalreiseveranstalter TUI gebe es offiziell zwar keine kostenlosen Umbuchungen, sagte ein Sprecher, wegen SARS werde die Branche aber kulant vorgehen. Der Touristikkonzern Thomas Cook (Ex-Neckermann) bietet kostenlose Umbuchungen an. Die Regierung in Peking erlaubte unterdessen einem wartenden WHO-Expertenteam die Einreise nach Guangdong. Nach wie vor vermutet die WHO den Ursprung der Infektion in der chinesischen Provinz, weil dort bereits im November 2002 die ersten Lungenentzündungen aufgetreten sind. Es sei möglich, dass sich SARS nicht nur über den direkten Kontakt von Mensch zu Mensch übertrage, betonte Heymann. "Es hat etwas mit der Umwelt zu tun, wir wissen aber nicht was." So sei eine Verbreitung durch Wasser oder das Abwassersystem, aber auch über die Luft möglich, wenn auch nicht über große Entfernungen. Dies sei nach der Verseuchung eines ganzen Häuserblocks in Hongkong nicht auszuschließen. Dessen rund 200 Bewohner stehen in einem Feriencamp der Regierung unter Zwangsquarantäne. Die 36-stöckigen Gebäude werden jetzt untersucht. Die WHO hat für Hongkong 708 Erkrankte und 16 SARS-Tote gemeldet. In Kanada sind nach Angaben der Behörden sechs Menschen an SARS gestorben, die Zahl der Verdachtsfälle stieg auf 151. Der führende Mikrobiologe des Landes, Donald Low, wurde unter Quarantäne gestellt. In den USA gab es bislang keine Todesfälle. Der Zustand des bislang einzigen deutschen SARS-Patienten in Nordrhein-Westfalen ist nach Angaben seiner Ärzte stabil. Der Krankheitsverlauf des 72-Jährigen habe gezeigt, dass ein Patient die Erkrankung gut überstehen könne, sagte der Chefarzt der Lungenfachklinik, Professor Hans-Nikol Macha. Weitere Verdachtsfälle haben sich bisher nicht bestätigt. Während die Schweiz bei der Weltmesse für Uhren und Schmuck in Basel und Zürich bis 10. April keine Mitarbeiter aus Südchina, Hongkong, Singapur oder Vietnam beschäftigt, will die Hannover Messe (vom 6. April an) keine Beschränkungen erlassen.