Wein, Sekt und Kunstschätze sind neben Wanderwegen durch eine einladende Landschaft die Trümpfe der Region um Brescia.

Brescia. Schade, dass Sie so wenig Zeit für Brescia mitgebracht haben", sagt Giovanni, der uns einen Tag lang durch die zweitgrößte lombardische Stadt führen wird. Schön und spröde sei die 2000 Jahre alte Stadt, eine stolze Hüterin wertvoller Kunstschätze, die nur darauf warten, entdeckt zu werden.

Da ist vor allem der Kapitolinische Tempel, der zu den großartigsten Zeugnissen des antiken Norditaliens zählt. Auf Befehl des Kaisers Vespasian im Jahre 73 nach Christus erbaut, war das Capitolium ein Ort des Kults und ein Symbol des antiken Brixia. Der am Fuß des Cidneo gelegene Tempel wird von den Resten eines römischen Theaters flankiert, das einst 15 000 Zuschauern Platz geboten haben soll.

Im Museum Santa Giulia, das nach jahrzehntelangen Restaurierungsarbeiten in einem historischen Langobardenkloster eine würdige Heimstätte gefunden hat, erfahren wir alles über die wechselvolle Geschichte der Stadt. Im 1999 eröffneten Stadtmuseum ist auch die "Geflügelte Viktoria" zu sehen, das Wahrzeichen der Stadt.

Die Exponate illustrieren nicht nur die römische Zeit, sondern auch die venezianische Epoche. Die Herrschaft der Republik Venedig fand architektonisch ihren sichtbarsten Ausdruck in den feingliedrigen, noblen Bauten der Piazza della Loggia. Der charmante Altstadtplatz entstand Ende des 15. Jahrhunderts und bildet mit seinen bunten Märkten das lebendige Zentrum der Stadt. Vor allem seine Ostseite mit den Arkadengängen und dem Uhrenturm orientiert sich deutlich an venezianischen Vorbildern.

Bevor wir den zweiten sehenswerten Platz der Stadt besuchen, den im 18. Jahrhundert angelegten Piazza Paolo VI. mit dem alten und dem neuen Dom sowie der Broletto, dem alten Rathaus, stärken wir uns in einem der vielen rustikalen Restaurants in der Innenstadt. Im "La Vineria" tischt Savinio Poffa vor allem bodenständige Gerichte auf, zum Beispiel Rinderbacke mit Polenta, eine Spezialität der Region. "Das Fleisch wird mit Sardellen und Knoblauch gespickt und mit feinem, kaltgepressten Olivenöl braun gebraten", verrät der Kochkünstler. "Mit etwas Weißwein und Brühe muss das Fleisch noch gut zwei Stunden kochen, bevor es serviert wird."

Im Winter gibt es auch deftige Eintöpfe mit Schweinefleisch und dem so genannten Eiswirsing, der erst nach dem ersten Schnee geerntet wird. Und Poffa macht uns klar, wie gut der Schaumwein der Franciacorta zu allen Gängen passt. "Sie müssen unbedingt auch ein Weingut in der Franciacorta besuchen", gibt uns der Wirt mit auf den Weg.

Die berühmte Weinregion liegt unmittelbar vor den Toren der Stadt Brescia und erstreckt sich bis zum Lago d'Iseo. Würdevolle Abteien und zinnenbekrönte Türme überwachen von den Gipfeln sanfter Anhöhen diese reizvolle Landschaft mit ihren vielen Weinbergen. In Erbusco, der Hauptstadt der Franciacorta mit zahlreichen alten Villen, treffen wir Lucia Barzano, Winzerin und Präsidentin der "Weinstraße Franciacorta". Im Konsortium dieser Strada haben sich 32 Weingüter, zahlreiche Hotels, Restaurants und Enotheken zusammengeschlossen, um die Region international stärker bekannt zu machen. Gerade vielen Deutschen sei die Region kein Begriff, so Lucia Barzano. "Dabei bietet sie hervorragende Möglichkeiten für einen abwechslungsreichen Urlaub."

Nicht nur in der Erntezeit öffnen sich die Keller der Winzerbetriebe für Besichtigungen und Weinproben. Exzellente Schaumweine können überall verkostet und natürlich auch gekauft werden. Längst vorbei ist die Zeit, als mit dem Begriff "Spumante" der süße Asti assoziiert wurde. Viele Weinkenner sprechen heute dem flaschenvergorenen Schaumwein aus der Franciacorta durchaus Champagnerqualität zu.

Der Franciacorta wird aus Chardonnay, Pinot Bianco und/oder Pinot Nero erzeugt. Strenge Produktionsvorschriften sichern eine hohe Qualität des Traubenguts. Die Flaschengärung nach der traditionellen Methode ist ohnehin zwingend vorgeschrieben. Länger als bei jedem anderen in Italien erzeugten Schaumwein sind auch die Lagerzeiten: Für die "einfach" Franciacorta Cuvee sind 25 Monate das Minimum, mindestens 18 davon auf der Hefe; für die Franciacorta Grand Cuvee mit Jahrgangsangabe sind sogar 37 Monate vorgeschrieben, davon mindestens 30 auf der Hefe. Strohgelb ist er dann und hat ein frisches, fruchtiges Aroma.

Seit August 2003 haben die Winzer das Privileg, nur das Wort Franciacorta ohne besondere Angaben wie DOCG auf dem Etikett anzugeben. Damit steht - wie beim französischen Champagner oder spanischen Cava - allein der Name für die besondere Qualität.

Der Weinbau hat in der Franciacorta eine lange Tradition. Mönche, im Mittelalter von den lombardischen Adligen aus Frankreich geholt, durften steuerfreie Höfe gründen. Doch lange Zeit fristete der Anbau von Weinreben lediglich ein Schattendasein. Erst vor etwas mehr als dreißig Jahren besannen sich die Winzer auf das enorme Potenzial der Region und setzten auf Qualität. Dass sich die Anstrengungen gelohnt haben, zeigt sich immer wieder bei Blindverkostungen. Dort landen die edlen Franciacorta stets auf Spitzenplätzen, oft noch vor den Champagnersorten.

"Wir sind also bestens auf Weintouristen vorbereitet", sagt die Präsidentin des Konsortiums. "Außerdem verfügen wir über ein dichtes Wegenetz für Wanderer und Radfahrer. Und mit dem Lago d'Iseo haben wir einen wunderschönen Gebirgssee mit der Insel Monte Isola." Auf der Insel mit ihrem 600 Meter hohen Berg gibt es noch einige ursprüngliche Fischerdörfchen mit einladenden Restaurants. Spezialität sind ofengebackene Schleie, dazu wird - was denn sonst - Franciacorta serviert.

  • Info : Strada del Franciacorta, Via G. Verdi, 25030 Erbusco (BS), Italien. Telefon: 0039/030/776-08 70 , Fax -85 39, Internet: www.stradadelfranciacorta.it