S 01° 00' 00.00" / W 023° 00' 00.00". 60 Seemeilen vom Äquator entfernt, 18:47 Uhr: Ein anstrengender Tag für alle auf dem Schiff. Schweigen auf dem Arbeitsdeck. Jeder Leser wird dieses Gefühl der kleinen Verzweiflungen kennen: Eigentlich hast Du aus Deinem Kopf oder Körper das letzte herausgeholt und immer noch ist kein Ende der Arbeit in Sicht. Zwei Wege: Du schiebst einfach die unwichtigsten Dinge in eine der hintersten Ecken und wartest darauf, dass die Aufgaben Dich irgendwo wieder einholen, oder Du stellst dich Deinen Aufgaben und schwimmst gegen den eigenen Strom der inneren "Faulheit".

Wenn Du nicht gerade zum "Held der Arbeit" wirst, kann es Dir allerdings passieren, dass Du mit 45 eine schwere Herzattacke bekommst, weil Du wirklich ALLES auf dieser Welt machen wolltest.

"Schiffszeit" kennt nur den zweiten Weg, aber die Sonne beim Untergang holt Dich jeden Abend wieder zurück auf die Beine. Viele Wissenschaftler werden sich manchmal fragen, warum Sie immer wieder auf ein Schiff gehen, um sich - ohne Ausweg - diesem zweiten Weg zu stellen.

Wir stehen an Deck, die Sonne geht gerade wieder unter und es herrscht einer dieser Tage, welcher die Fragen nach dem "Warum" aufwirft. Der französische Meeresforscher Jaques Cousteau (1910-1997) hat sie in seinem Buch "Der Mensch, die Orchidee und der Octopus" ganz persönlich beantwortet. Eine Antwort aber, die vielen Meeresforschern, die ich bisher kennenlernen durfte, wahrscheinlich aus der Seele spricht.

"Tatsächlich hat der Drang zum Forschen die menschliche Seele seit Jahrhunderten entflammt. Ich bezweifle, dass jemals ein Mensch, der von ihm besessen war, verstanden hat, warum das so ist. (...)

Ich blickte auf die Wasseroberfläche der Bucht, die Wellenkämme, die um den Bug unseres Bootes schäumten. Hier lag es, das Tor zum letzten unerforschten Reich der Erde, zu der unentdeckten Welt, in die ich in meinen Träumen immer vorstoßen wollte; deren endlose Wunder, so spürte ich damals schon, meinen brennenden Wissensdurst nie stillen, sondern ewig aufs Neue anfachen würde.

Diese stille Welt war natürlich eine Quelle der Visionen und Hoffnungen, sie hatte aber nicht notwendigerweise auch eine Arbeit zu bieten. Welche Umstände waren es, die dazu führten, dass ich und die anderen Forscher, die ich kannte, tatsächliche eine solche Karriere starteten? Der große französische Biochemiker und Nobelpreisträger Jacque Monod glaubte, wie auch Demokrit, das „Zufall und Notwenigkeit“ das Rad der Evolution antreiben. Man könnte sagen, dass zufällige Ereignisse und die notwendige Reaktion darauf ebenso Forschungsarbeiten in Gang setzen."