S 04° 00' 00.00" / W 023° 00' 00.00". Schon wieder eine Woche intensiver Arbeiten auf See vergangen. Allen, die sich für die wissenschaftlichen Details der Forschungsreise interessieren, sei der zweite Wochenbericht unseres Fahrtleiter Peter Brandt empfohlen. Diese Berichte werden von Bord an das "Heimatinstitut" und an die Leitstelle Meteor/Merian ( www.ifm.zmaw.de/de/leitstelle/ ), die für die wissenschaftlich-technische, logistische und finanzielle Vorbereitung sowie Abwicklung und Betreuung des Schiffsbetriebes verantwortlich ist, gesendet.

02.11. - 08.11.2009:

Die zweite Woche der "Meteor"-Reise M80/1 stand ganz im Zeichen des Äquators. Wissenschaftlich gesehen ist der Äquator von besonderem Interesse. Zum Beispiel gibt es hier sehr starke Strömungen, der stärkste unter ihnen ist der Äquatoriale Unterstrom. Unterhalb der westwärts gerichteten Oberflächenströmung transportiert dieser Strom in etwa 100 Meter Tiefe salzreiches Wasser vom westlichen Rand des Atlantiks bis zum afrikanischen Kontinent. Auf seinem Weg nach Osten steigt das Wasser langsam auf und kühlt, wenn es die Oberfläche im Ostatlantik erreicht, die Oberflächentemperatur beträchtlich ab. Jahreszeitlich sind die kältesten Temperaturen am Äquator im August zu erwarten mit bis zu 22°C. Auf unserem Kurs lag die Oberflächentemperatur zwischenzeitlich noch unter 25°C bei ansonsten 28-29°C im Bereich der Tropen.

Jahreszeitliche und mehrjährige Änderungen des Äquatorialen Unterstroms werden im Rahmen des BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) Verbundprojekts "Nordatlantik“ mit Hilfe eines Arrays von verankerten Strömungsmessern untersucht. Dieses Array besteht aus fünf Verankerungen, die entlang des 23°W-Längenkreises zwischen 2°N und 2°S ausliegen. Hauptarbeit der letzten Woche war die Aufnahme und Wiederauslegung dieser Verankerungen. Zusammen mit den Verankerungsarbeiten bei 5°N haben wir innerhalb von sieben Tagen neun Verankerungsbewegungen vollbracht - fünf Aufnahmen und vier Auslagen. Damit haben wir bisher alle Verankerungen erfolgreich geborgen. Nahezu alle Instrumente haben die 20 Monate seit der letzten Auslegung hervorragend gearbeitet und nun wartet eine große Datenmenge auf eine detaillierte Analyse bezüglich des Einflusses der beobachteten Strömungen auf Oberflächentemperatur und Klima im atlantischen Raum.

Tiefenzirkulation:

In Zusammenarbeit mit dem Woods Hole Oceanographic Institute (WHOI) in den USA werden bei der jetzigen Wiederauslegung des Verankerungsarrays auch profilierende Instrumente zur Vermessung des tiefen Ozeans eingesetzt. Diese Instrumente werden durch einen Motor angetrieben und sollen den Verankerungsdraht zwischen 3500 Meter und 1000 Meter Wassertiefe herauf- und herunterlaufen und das etwa 150 Mal während ihrer geplanten anderthalbjährigen Verankerungszeit. Dabei messen sie Temperatur, Salzgehalt und Strömungen und erlauben damit einen detaillierten Einblick in das äquatoriale Tiefenstromsystem. Der zu vermessende Tiefenbereich wird durch Wassermassen dominiert, die ihren Ursprung im Nordatlantik haben. Ihre Ausbreitung ist Teil der globalen Umwälzung von Warm- und Kaltwassermassen und folgt gerade am Äquator sehr komplizierten Pfaden. Starke ost- und westwärts gerichtete Strömungen führen hier zur Verfrachtung von nordatlantischem Tiefenwasser von einer Seite des Ozeans zur anderen und verlangsamen und dämpfen damit die Ausbreitung von Signalen der Änderung der Umwälzzirkulation von der Nord- in die Südhalbkugel.

Inkubationen:

Im Rahmen des SFBs 754 (Sonderforschungsbereichs) untersuchen wir mit einer Reihe von Inkubationsexperimenten verschiedene Prozesse des Stickstoffkreislaufs, vor allem der Stickstoffaufnahme. Stickstoff kommt in der Umwelt in verschiedenen organischen und anorganischen Verbindungen vor. Gasförmiges N 2 macht mit 78 Prozent der Atmosphäre den größten Teil aus, ist aber für die meisten Organismen nicht verwertbar.

Die häufigsten anorganischen Stickstoffverbindungen sind Ammonium (NH 4 +), Nitrat (NO 3 -), und Nitrit (NO 2 -), doch sind sie im offenen Ozean oft ein limitierender Faktor für die Primärproduktion. Stickstoff kommt in zwei stabilen Isotopen vor, 14N (99,63 Prozent) und 15N (0,37 Prozent). Während unserer Reise sammeln wir jeden zweiten Tag Wasserproben aus den oberen 600 Metern für die Inkubationen und setzen Verbindungen mit schwerem Stickstoff zu. Zu Hause wird dann das natürliche Vorkommen und die Anreicherung nach den Inkubationen vermessen. Damit wollen wir Raten von Stickstofffixierung und von der Aufnahme anorganischer Verbindungen untersuchen. Zusätzlich werden Proben für Nährstoffanalyse, DNA/RNA und Filter für die Analyse und Quantifizierung der Bakteriengesellschaft genommen.

Turbulenzmessung vom Gleiter:

Am 4. November wurde ein neu entwickeltes selbstregistrierendes Mikrostrukturmesssystem auf einen Gleiter montiert und am Äquator ausgesetzt. Der MicroRider misst mit einer sehr hohen Aufzeichnungsrate Geschwindigkeits-, Temperatur- und Salzgehaltsänderungen von turbulenten Wirbeln im Milli- bis Zentimeterbereich. Daraus wird die Stärke der Vermischung von unterschiedlichen Wassermassen im Ozean abgeleitet. Strom bezieht der MircoRiders über den Gleiter, der darüber auch den Zeitpunkt der Datenaufnahme steuert.

Dies ist der weltweit erste Einsatz des gekoppelten MicroRider-Gleiter Systems. Mit den autonomen Messungen können Zeitserien von Vermischungsereignissen in den oberen 1000 Metern der Wassersäule von mehreren Wochen gewonnen werden. Momentan bewegt sich der Gleiter auf einem Rechteckkurs um unsere Verankerung am Äquator bis er auf unserem Rückweg wieder aufgenommen wird. Wir sind schon sehr gespannt auf die ersten Datensätze.

Morgen werden wir den südlichsten Punkt unserer Reise bei 6°S erreichen. Damit haben wir das äquatoriale Stromsystem auch mit dem schiffsgestützten akustischen Strömungsmesser (ADCP) einmal vollständig erfasst. Da das 75 kHz ADCP der Meteor vor kurzem ausgefallen ist und erst zur nächsten Werftzeit repariert werden kann, benutzen wir hier das 75 kHz ADCP vom Forschungsschiff Poseidon, die ihrerseits gerade Werftzeit hat. Das Gerät wurde im Seeschacht installiert und liefert von Beginn an hervorragende Strömungsdaten aus den oberen 600 Metern der Wassersäule.

Am südlichsten Punkt werden wir die erste Hälfte der Reise mit einem Grillabend ausklingen lassen und uns dann wieder auf den Weg zurück zum Äquator begeben.

Viele Grüße aus den Tropen,
Peter Brandt und die Fahrtteilnehmer der Reise M80/1