Eine Glosse von Daniela Pemöller

Die Punks waren die Ersten. Sie hatten die Idee aus New York von den "Squeegee Men" importiert. Friedlich lümmelten sie an viel befahrenen Kreuzungen (wie die bei der Astra-Stube, Stresemannstraße/Ecke Altonaer Straße) und warteten darauf, dass die Ampeln auf Rot sprangen. Dann rannten sie mit Eimer und Schwamm los, malten kreativ ein Herz aus Seife auf die Autoscheibe und grinsten dazu schief. Anfangs fand ich das niedlich und zahlte verklärt lächelnd 50 Cent.

Ist doch schön, wenn die Jungs sich nützlich machen, statt nur in der Fußgängerzone saufend die Hand aufzuhalten. Doch bald bekam ich schlechte Laune, wenn ich sie von Weitem sah. Denn meine Scheibe war hinterher oft schmutziger als vorher. Wild schüttelte ich den Kopf, als galt es, einen Schwarm lästiger Fliegen abzuwimmeln. Manch ein Fahrer wehrte sich mit dem Scheibenwischer, um verzweifelt zu signalisieren: Nein, bitte nicht. Das Auto war doch gerade erst in der Waschanlage. Es half alles nichts. Hartnäckig wie Heuschrecken zogen sie ihre "romantische" Nummer eisern durch.

Erzieherische Maßnahmen mussten her. Fortan guckte ich an diesen Ampeln grimmig stur gerade aus, verzog sekundenlang keine Miene und gab keinen Cent. In mir zermürbte mich mein schlechtes Gewissen, doch die Wut über die Nötigung war größer. Besonders wenn ich mal wieder die Grünphase verpasst hatte, weil mein Vordermann zeitraubend nach seinem Kleingeld kramte.

Heute vermisse ich die Punks. Denn an den Ampeln stehen nun renitente "Banden", die nicht nur kein "Nein" akzeptieren, sondern auch noch patzig werden. Wer kein Geld gibt, bekommt schmutziges Putzwasser ins Gesicht, einen Kaugummi unter die Wischblätter geklebt oder das Innenleben einer Rotznase auf die Scheibe katapultiert. Von Kratzern im Lack ganz zu schweigen. Ein merkwürdiges "Geschäftsgebaren", denke ich. Und ein Fall für die Polizei. Doch die hielt bislang lieber ehrliche Straßenmusiker von der Arbeit ab.

Das soll sich nun ändern. Anfang der Woche ging es der ersten Putzkolonne an die Eimer. Ob deswegen das Geschäftsmodell überarbeitet wurde, weiß ich nicht. Statt schmuddeliger Schwämme schwingen viele dieser Wegelagerer nun Feuerzeuge, geklebt auf einen Zettel mit der Aufschrift: Ich bin arbeitslos, bitte um eine Spende. Die Masche ist zwar kreativer, als dreckiges Wischwasser über saubere Scheiben zu schütten. Aber was bitte soll ich als Nichtraucher mit einem Feuerzeug?

+++ Zum Nachlesen: Das Postskriptum rund ums Auto +++