Hamburgs Entwurf einer Frauenquote passiert den Bundesrat. Abendblatt-Redakteur erklärt den Erfolg von Justizministerin Jana Schiedek.

Hamburg. Ganz am Ende hat er es erwähnt. Beinahe nachgeschoben. "Und wir werden uns auch im Bund zu Wort melden, wenn es um Gesetzesvorhaben geht, die uns oder das Ganze unseres Gemeinwesens betreffen", sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) im März vergangenen Jahres in seiner Regierungserklärung. Gestern gab es ein zählbares Ergebnis. Hamburgs Entwurf einer Frauenquote passierte den Bundesrat. Nun wird sich der Bundestag mit dem Thema beschäftigen müssen.

Welchen Erfolg der Entwurf von Justizministerin Jana Schiedek (SPD) dort haben wird, steht noch in den Sternen. Dass er den zumindest in der Länderkammer haben würde, ist in dieser Woche immer klarer geworden. Scholz hatte vor den Kabinettssitzungen Anfang der Woche mit mehreren Ministerpräsidenten gesprochen. Das Thema hatte er auch zuvor bei passenden Gelegenheiten mit Amtskollegen bewegt.

Letzte Gewissheit brachte die sogenannte Beck-Runde am späten Donnerstagabend. Beim obligatorischen Treffen der sozialdemokratischen Ministerpräsidenten am Rande der Bundesratssitzungen in Berlin, benannt nach dem dienstältesten SPD-Landeschef Kurt Beck, holte Scholz die Zusagen ein, dass alle sozialdemokratisch geführten Bundesländer für die Frauenquote stimmen würden. Einige SPD-Regierungschefs hatten sich ihre Entscheidung zu dem Umgang mit dem Hamburger Gesetzentwurf bis zuletzt offengehalten.

Noch Anfang der Woche hatte Schiedek die SPD-Justizminister in einer Telefonkonferenz eingeschworen. Es war in den Gesprächen zuvor um die Frage von Sanktionierungen von Quotensündern gegangen. Dabei machte die Senatorin klar, dass es eine mehrheitsfähige Regelung im Bundesrat geben müsse. Frühere Gesetzesentwürfe waren daran gescheitert. Ohne eine langwierige Vorbereitung ist ein derartiges Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Hamburg hat nur drei von 69 Sitzen im Bundesrat.

Für einen Erfolg war die Senatorin auf die Stimmen der CDU-regierten Länder angewiesen. Dass es in diese Richtung laufen würde, zeichnete sich bereits in der Woche zuvor ab, als das saarländische Kabinett sich für die Quote ausgesprochen hatte. Die andere Große Koalition in Sachsen-Anhalt entschied sich offiziell diesen Dienstag für den Hamburger Vorstoß. Die Justizbehörde erfuhr unter der Hand schon am Freitag zuvor davon.

Die Frauenquote ist nicht die einzige Hamburger Aktivität außerhalb der Hansestadt. Nur eine Woche zuvor trotzte Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) als Vorsitzende der Verbraucherschutzministerkonferenz der Bundesministerin Ilse Aigner die Hygiene-Ampel ab. Nachdem die CSU-Politikerin sich im Vorfeld der Konferenz wiederholt gesträubt hatte, ein entsprechendes Gesetz ausarbeiten zu lassen, schwenkte sie - auch für die Hamburger Gesundheitsbehörde überraschend - in der vergangenen Woche um.

Scholz' Vorgänger Ole von Beust (CDU) war immer vorgeworfen worden, Hamburg habe sich unter seiner Regierung um bundespolitischen Einfluss gebracht. Er selbst ließ wissen, dass er keinen derartigen Ehrgeiz habe. Dennoch hat es der derzeitige Bürgermeister auch einfacher als von Beust. Scholz pflegt als ehemaliger Bundesarbeitsminister und als stellvertretender Parteivorsitzender gute Kontakte nach Berlin. Er soll mit CDU-Fraktionschef Volker Kauder und Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) gut auskommen. Scholz hat es zum Verhandlungsführer der Bundesländer gebracht und dem Bund im Gegenzug für die Zustimmung zum Fiskalpakt weitreichende finanzielle Zusagen abgerungen. Mindestens 100 Millionen Euro soll das der Stadt im Jahr bringen.

Ein ähnlicher Betrag ginge Hamburg wegen seiner Blockadehaltung im Bundesrat gegen das Steuerabkommen mit der Schweiz flöten, kritisiert CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich. Damit handle Scholz nicht im Interesse der Stadt, sondern mit Blick auf die Bundestagswahl 2013 im Interesse der Partei. Gleiches bemerkt auch der Bundestagsabgeordnete und CDU-Landeschef Marcus Weinberg. "Als Vize-Parteichef muss Scholz parteipolitisch agieren." Zwar bemerke er eine gewisse Umtriebigkeit des Senats in Berlin, "aber der Mehrwert für Hamburg ist fraglich".