Der Bundesrat trägt die Idee einer Frauenquote, die auf Initiative von Hamburg beschlossen wurde, parteiübergreifend in den Bundestag.

Berlin/Hamburg. Historischer Vorstoß für die Frauenquote: In den Aufsichtsräten großer Unternehmen sollen nach dem Willen einer parteiübergreifenden Koalition im Bundesrat künftig deutlich mehr Frauen sitzen. Als erstes Verfassungsorgan sprach sich am Freitag der Bundesrat für eine gesetzliche Regelung aus und folgte damit einem Entwurf von Hamburgs Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD). Jetzt muss sich der Bundestag damit befassen, wo die Initiative allerdings wenig Aussicht auf Erfolg hat.

Nach den Plänen der Bundesratsmehrheit sollen von 2018 an 20 Prozent der Mitglieder von Aufsichts- und Verwaltungsräten großer börsennotierter Unternehmen Frauen sein. Fünf Jahre später soll dieser Anteil auf 40 Prozent steigen. Bußgelder oder Steuerabschläge drohen, wenn Unternehmen die Quote nicht erfüllen. Auch sollen solche Firmen öffentlich an den Pranger gestellt werden.

Hamburg hatte den Antrag in den Bundesrat eingebracht und gewann dafür nicht nur die Unterstützung der von SPD und Grünen geführten Bundesländer, sondern auch die Stimmen des Saarlands und Sachsen-Anhalts, wo große Koalitionen von CDU und SPD regieren.

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) begrüßte die Zustimmung und sprach von einem „Erfolg der Senatorin Schiedek“. Es sei gut, dass ein solcher Fortschritt bei der Gleichstellung von Frauen nicht durch parteipolitische Debatten aufgehalten worden sei. Schiedek war ebenfalls froh, dass ihr Gesetzentwurf eine Mehrheit erzielte. Nun sei der Bundestag am Zug. „Die Quote muss zügig umgesetzt werden“, forderte Schiedek. Die IG Metall Küste nahm die Entscheidung des Bundesrates wohlwollend zur Kenntnis. „Wenn mehr Frauen an der Spitze der Unternehmen vertreten sind, werden sich diese auch insgesamt mehr für Frauen öffnen“, erklärte Bezirksleiter Meinhard Geiken.

Im Bundestag, der sich nun mit dem Thema befassen muss, haben sich FDP und CSU bereits gegen eine gesetzliche Frauenquote ausgesprochen, ebenso große Teile der CDU. Gleichwohl sprachen mehrere Landesministerinnen im Bundesrat von einem wichtigen Signal, dass erstmals ein Verfassungsorgan für eine gesetzliche Frauenquote plädiert. Ähnliche Überlegungen der EU-Kommission in Brüssel bedeuteten zugleich Rückenwind für die Bundesratsinitiative, sagte Schiedek.

Nach einer aktuellen Übersicht ist der Frauenanteil in den Aufsichtsräten und Vorständen der bedeutenden börsennotierten Unternehmen seit Januar 2011 lediglich von 6,5 auf 9,5 Prozent gestiegen. In den Aufsichtsräten liegt er laut der Übersicht, die von der Initiative „Frauen in die Aufsichtsräte“ verbreitet wurde, aktuell bei 15 Prozent gegenüber 10 Prozent im Januar 2011. In den Vorständen stieg der Frauenanteil im gleichen Zeitraum von 3 auf 4 Prozent.

Während die FDP und die CSU die Ablehnung der Bundesratsinitiative bekräftigten, plädierte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) dafür, das Thema „aus den parteipolitischen Schützengräben herauszuholen und gesamtgesellschaftlich zu diskutieren“. Es gehe darum, eine Initialzündung zu geben und die Quote in den Bundestag zu tragen, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Der Landtag von Sachsen-Anhalt hatte am Vortag die Initiative einstimmig unterstützt.

Hamburgs Bürgermeister Scholz setzt langfristig auf einen Stimmungsumschwung auch im Bundestag. „Es gibt ja sehr viele, die sich schon öffentlich erklärt haben, dass sie das eigentlich richtig finden. Die müssen sich nur trauen, wenn es zur Abstimmung geht“, sagte Scholz im ZDF. Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte der ARD: „Mir geht es vor allem darum, dass wir wegkommen von der unverbindlichen Freiwilligkeit, die bisher geherrscht hat, dass wir eine gesetzliche Regelung bekommen.“

FDP-Generalsekretär Patrick Döring forderte den Koalitionspartner auf, seine Position zu klären. „Die Haltung der Union ist wie so oft nebulös“, kritisierte er in der „Passauer Neuen Presse“ (Freitag).