Aquarell von Manfred Ludes, 1998

Ein Thema, das mich seit Kindertagen beschäftigt, ist die Zeit. Woher kommt sie? Warum kann ich sie nicht festhalten? Wohin führt sie mich?

Ein befreundeter Künstler, der meine Gedanken zu diesem Thema kennt, hat mir die Zeitspirale gemalt.

Im innersten Drehmoment beginnt die Spirale, ohne dass der Anfang genau auszumachen ist. Er ist verdeckt durch das Auge in der Mitte des Bildes.

So möchte ich mein Leben sehen: Dass es aus dem Augen-Blick Gottes hervorgegangen ist und von ihm geleitet wird. Geleitet durch den Kreislauf meiner Jahre hindurch. Geleitet auch durch meine Erlebnisse mit der Schöpfung, für die stellvertretend Vögel und Sträucher zu sehen sind. Geleitet auch durch meine Erfahrungen mit Werken der Kunst. Diese kommen in den Blick durch Bauwerke, Musikinstrumente und Noten, die für Inspiration stehen.

So ziehe ich den Kreis meiner Jahre immer weiter. Wie der Läufer oben links. Mit weit ausholenden Schritten. Weisen diese darauf hin, dass ich den Jahreskreis immer schneller umrunde, je mehr Jahre hinter mir liegen?

Kein Jahresring ist wie der andere. Manches Jahr dehnt sich aus, andere verengen sich. Es gibt Verbindungen, Abbrüche, neues Anfangen. Und es gibt am oberen Bildrand das leuchtende Dreieck, von dem die letzten Ausläufer meiner Lebensspirale aufgenommen werden.

Einer, der das Bild betrachtete, deutete die Richtung umgekehrt: Er sah den Kreislauf aus dem Dreieck oben hervorgehen und in das Auge in der Mitte einmünden. Beide Deutungen haben gemeinsam: Mein Leben entspringt aus Gott und vollendet sich in Gott.

In dieser Haltung ist mein Leben nie eintönig. Jeder Tag entfaltet sich in Formen und Farben, die ich in dem Bild entdecke. Sie stimmen mich heiter und zuversichtlich. Meine Zeit verbindet sich mit Gottes Ewigkeit.

"Die Ewigkeit weiß nichts von Jahren, Tagen, Stunden:/Ach, dass ich doch noch nicht den Mittelpunkt gefunden." (Angelus Silesius)

Wenn ich Gott zum Mittelpunkt meines Lebens mache, dann kann ich den neuen Tag am Morgen dankbar empfangen und ihn am Abend gelassen wieder verabschieden. Denn dann ist alle meine Zeit, die vergangene, die zukünftige und die gegenwärtige, sinnvoll verbunden mit Gottes Ewigkeit.

Das Bild hält mir den Spiegel vor: Ist Gott wirklich der Mittelpunkt für mich? Geht es nur rund in meinem Leben oder habe ich ein Ziel? Es macht mir auch Mut: Mein Leben dreht sich nicht im Kreis, bis es ausgeleiert ist. Das Auge und das Dreieck signalisieren mir Zuwendung und Zielbestimmung.